> Porträt: The Syncronicles, Mountainbike-Profi Rob J Heran

Der Wegemacher

23.02.2024

Mit den Videos rund um seinen T3 Syncro wurde Mountainbike-Profi Rob J Heran auch außerhalb der Szene bekannt. Den Allrad-Camper hat er auf seine Bedürfnisse als Freerider und Familienvater abgestimmt. (Dieser Artikel erschien in CV 01/2018)

Beine strampeln, Füße treten in die Pedale und werden immer schneller. Die Räder entfachen eine Staubspur. Über die roten Gebirgskämme Marokkos rast ein Mountainbiker einen Abhang herunter. Zwischen den Hängen parkt sein VW Bus. Seitlich am Bus lehnt eine Rampe. Das Bike nimmt Fahrt auf. Es ist so steil, dass die Räder nur teilweise den Boden berühren. Er fährt direkt auf den Bus zu. Die Reifen rattern über die Rampe und das Fahrrad hebt ab. Er fliegt im Looping über das Auto und landet mit den Reifen wieder auf roter Erde.

Mountainbike-Profi Rob J Heran

Diese Szene aus seinem Video „The Syncronicles II“ hängt als Fotodruck an der Küchenwand von Rob J Heran. Er ist Mountainbike-Profi und einer der bekanntesten Freerider Deutschlands. Mit dem T3 Syncro, den er selbst ausbaute, inklusive einer Rampe, schaffte er den perfekten Begleiter für seinen Job. Der 4×4 bringt ihn an die Trails dieser Welt und spielt eine tragende Rolle in seinen Online-Videos. Parkt der Van in der Maxvorstadt vor der Haustür vermittelt das dem 36-Jährigen das Gefühl jederzeit losfahren zu können. Oben in der Wohnung hängt in fast jedem Zimmer ein Bild von ihm und seinen Bikes.

Er ist groß, sportlich schlank und trägt Bart. Sein Markenzeichen: der dunkle Lockenkopf. Rob J Heran könnte auch als Rockstar durchgehen. Auch einige echte Räder hängen an der Wand. Die Vier-Zimmer-Wohnung teilt der Radprofi sich mit seiner Lebensgefährtin und den zwei gemeinsamen Söhnen in München. In der Küche wuselt der 3-jährige Neven herum, der sich sichtlich über Besuch freut. Er möchte, dass ihm jemand etwas vorliest. Heran bittet ihn liebevoll zu seiner Mutter zu gehen.

Die Liebe zum Rad brachte Heran auch die Liebe zum VW Bus. Bereits als Kind machte ihn sein Mountainbike unabhängig und er konnte reisen, wenn auch damals im kleinen Radius. Der Bus bringt ihn auch mal an schwieriger zu erreichende Ziele und bietet gleichzeitig Nachtlager, Werkstatt und Wohnzimmer direkt am Trail.

Für Heran, der im Alter von acht Jahren seine Mutter verlor und in einem Heim in der Nähe von Kempten aufwuchs, ist diese selbstbestimmte Freiheit bis heute wichtig: „Beim Biken entdecke ich die Natur und bin nur mit mir selbst. Ich brauche das um den Kopf frei zu kriegen“, erklärt er und streicht sich die Haare zurück. Eine Locke springt wieder nach vorne. Mit 15 Jahren hatte er genug gespart um sich sein erstes Mountainbike leisten zu können.

 

Seine Karriere als Freerider begann. Den ersten eigenen VW Bus ersteigerte er mit Anfang 20 für ein paar Hundert Mark im Netz, auch ein T3. Dürftig ausgebaut und ohne Standheizung tingelte er so in die Berge zum Biken oder ans Meer zum Surfen. Insgesamt lebte Heran zwei Jahre das volle „Vanlife“. „Das war für mich einfach das coolste. Im Wintersport-Gebiet, wo eigentlich alles total überteuert ist, morgens der Allererste an der Piste zu sein.“ Recht hemdsärmelig gestaltete Heran seinen ersten VW Bus, mit Rolle und Lack aus dem Baumarkt. Auch wenn die Ausbau-Maßnahmen noch wenig professionell waren, Heran hatte bereits sehr früh die Vorstellung von seinem Van.

"Mir ist bei allen technischen Sachen wichtig, dass ich sie selbst reparieren und so steuern kann, wie es für mich eben passt."

Für ihn war klar: der Bus muss robust sein, Platz für mindestens vier Fahrräder bieten, geländegängig sein und seinem Stil entsprechen. Der T3 klotzt mit Hardware, bleibt mit dem matten Lack aber sehr reduziert. „Den Farbton verrate ich nicht. Da müssen die Leute selber drauf kommen“, lacht er süffisant. Zurück in der Küche der Altbauwohnung. „Es kommt ganz auf die Bohnen und den Mahlgrad an. Den dunklen Kaffee, den du so kaufen kannst, der ist viel zu stark geröstet, erklärt er. Helle Kaffeebohnen wandern in eine Hightech-Mühle. Auf einer Digitalwaage abgewogen, wandert das Pulver in eine Espressomaschine, die auch den Ansprüchen eines Barista in Rom genügte.

Er sei Perfektionist, nicht nur beim Kaffee: „Mir ist bei allen technischen Sachen wichtig, dass ich sie selbst reparieren und so steuern kann, wie es für mich eben passt.“ So auch bei seinem Van. Er habe bis auf den Motor, die Lackierung und einige Karosseriearbeiten alles selbst umgesetzt. Deshalb wurde es auch ein T3. In den neueren T-Modellen stecke bereits zu viel Elektronik. Mit „The Syncronicles“ wie er den Bus und die dazugehörige Video- Reihe tauft, erfüllt sich Heran einen langgehegten Wunsch.

Dass die Basis mit Allrad-Antrieb daher kommt, war klar: „Auf einem Campingplatz an der Atlantikküste ist mir ein Syncro das erste Mal aufgefallen. Er thronte mitten auf einer Sanddüne während die anderen Vans hinter der ersten Baumreihe standen.“ 2007 kaufte Heran für 5400 Euro einen alten Bundeswehr-Bus, seinen T3 Syncro. Sechs Jahre zeigte der Van kaum Schwächen, aber die Zeit war ihm anzusehen. Bis Heran 2013 vor der Entscheidung steht: Verkaufen oder Restaurieren. „Anfangs habe ich mit zwei Wochen gerechnet.“

Zwei Jahre harte Arbeit folgen. Angefangen hat er damals damit die Fenster und Türen zu entfernen und das Armaturenbrett zu zerlegen. Rost und Korrosion kamen zum Vorschein. Letztendlich habe er das ganze Auto auseinander genommen und jede Schraube ersetzt. Matte Dunkelgraue Lackierung , schwarze Felgen und getönte Scheiben. Der Bus fällt auf, nicht nur im braven München. An den Radläufen klebt noch Dreck. „Wir sind gestern aus den Dolomiten zurückgekommen.“

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Er sei so viel unterwegs wie nur möglich. Die Familie kommt mit oder reist ihm nach. Ob Peru, Nepal oder Hawaii Heran hat mit seinem Zweirad schon die ganze Welt bereist. Immer ein Wettkampf nach dem anderen. Jetzt mit Familie passt das mit dem Bus besser. Geschlafen wird im Familienbett zu viert auf der Schlafsitzbank. Mit Kindern dann auch meist auf dem Campingplatz.

"Auf einem Campingplatz an der Atlantikküste ist mir ein Syncro das erste Mal aufgefallen."

Für die Video-Reihe „The Syncronicles“ ist er zusammen mit Fotograf und Freund Sebastian Doerk in die Alpen auf der ligurischen Grenzkammstraße und für den zweiten Teil bis ins Atlasgebirge nach Marokko gereist. An Wettkämpfen nimmt Heran nicht mehr Teil. Einmal im Jahr gibt er seine Skills als Veranstalter und Trainer bei einem Freeride-Jugend-camp weiter. Gesponsert wird er dennoch weiterhin. Seine Sponsoren kaufen sich in seinen Lifestyle ein und sichern sich durch das Videound Fotomaterial die Aufmerksamkeit ihrer Zielgruppe.

Ihm ermöglicht das ständig zu reisen und dabei seine Leidenschaft das Rad fahren zu leben. Trotz des geschäftlichen Aspekts, sei seine Motivation mit den Clips Menschen aufs Bike zu bringen und zum Reisen anzuregen. Zwischen Küche und Kinderzimmer: seine kleine Bastelecke. Hier steht eine alte Holzwerkbank mit unzähligen Imbus-Schlüsseln, Öl- Dosen und ordentlich aufgehängten Schraubenziehern. Auch hier ein Foto von ihm im Großformat. Fahrräder hängen in einem Ständer. Über der Werkbank: ein ausgestopfter Gemsenkopf. Im Regal: das Pappmodell eines VW Busses und fünf dicke Mappen mit gesammelten Artikeln über ihn selbst. Heran darf sich getrost zu seinen eigenen Fans zählen.

Gelernt hat Heran Groß- und Einzelhandelskaufmann. In diesem Beruf arbeiten, wollte er nie: „Wenn ich eins in den drei Jahren Ausbildung gelernt habe, dann das ich nicht in einem Büro eingesperrt sein will und für die Uhr eines anderen aufstehen.“ Man müsste sich eben breit aufstellen und sich nicht nur auf ein Berufsbild konzentrieren. Das möchte er auch seinen Söhnen mit auf den Weg geben. Sie sollen das machen, was sie lieben und nicht nur was die Gesellschaft von Ihnen fordert.

Jetzt: Der dritte Teil der Synchronicles-Reihe soll nächstes Jahr in Portugal entstehen. Auch eine Reise entlang der Panamerica steht auf Herans To-do-Liste. Natürlich mit dem Syncro samt Sprung-Rampe, die ihm die Freiheit zum Reisen ermöglichen. Doch ab Herbst 2018 geht das wohl nicht mehr ganz so spontan, da kommt Sohn Ruven in die Schule. Aber Heran hat schon die nächste Idee im Kopf: „Ein Fahrrad-Kaffee wäre cool. Guter Kaffee und geile Bikes. Aber nur so als Pop-Up-Laden, nicht für immer. “ Sicher ist: der T3 bleibt in der Familie.

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