> Belüftungsanlagen im Camper

Schluss mit dicker Luft

25.10.2024
Text: Karsten Kaufmann | Bild: Hersteller, Hobby, Bayernluft, Dometic

Belüftungsanlagen garantieren permanente Frischluft im Campervan – auch bei geschlossenen Fenstern. Potenzial und Limits der Anlagen.

Eine Belüftungsanlagen für den Campervan? Braucht doch kein Mensch. „Da mach ich doch einfach das Fenster auf!“ wird so mancher Camper entgegnen. Und wer mit Klimaanlage und beziehungsweise oder Ventilationsdachhaube wunschlos glücklich ist, noch niemals Probleme mit feuchter oder muffiger Luft im Fahrzeug hatte und noch nie Schimmelbildung zu beklagen hatte, braucht hier eigentlich nicht weiterzulesen. Wer hingegen eine besonders dichte Kabine besitzt, etwa aus GfK- oder Alusandwich, womöglich mit Echtglasfenstern und/ohne Zwangsbelüftung und auch noch gerne häufig in kälteren Gegenden unterwegs ist oder zum Wintercamping aufbricht, der sollte die nächsten Absätze aufmerksam studieren.

Belüftungsanlagen sind keine Klimaanlagen

So viel gleich mal vorneweg: Eine Belüftungsanlage ist nicht mit einer Klimaanlage zu vergleichen. In der Klimaanlage arbeitet ein Kompressor, der heiße Luft entfeuchten und abkühlen kann – weit unter das Maß der angesaugten Außenluft. Klimaanlagen kühlen und entfeuchten. Was sie nicht tun: das Fahrzeug mit Frischluft versorgen.

Das Konzept der Belüftungsanlagen zielt genau darauf ab, einen konstanten Luftaustausch (Innen-/Außenluft) zu garantieren. Dabei nimmt der Wärmetauscher einen Großteil der Wärme aus der angesaugten Außenluft auf – und bläst diese auch direkt wieder nach draußen. Effekt: Die Frischluft, die in den Innenraum gelangt, ist minimal wärmer als die Raumtemperatur – aber nicht kälter als diese. Ergo: Belüftungsanlagen kühlen nicht – und sie generieren auch keinen gewaltigen Luftstrom, um wie eine Maxxfan in 10 Sekunden den Bratenduft oder die Stauhitze aus dem Fahrzeug zu schaufeln.

Wann arbeiten Belüftungsanlagen effektiv?

Ziel der Belüftungsanlagen von Dometic und Bayernluft ist es, einen permanenten Frischlufteintrag in den Camper zu garantieren. Die angesaugte Frischluft wird gefiltert, Staub und Pollen zurückgehalten. Den Innenraum können die Geräte aber nur dann effektiv entfeuchten, wenn die angesaugte Außenluft trockener als die Raumluft ist.

Das ist insbesondere dann der Fall, wenn kältere Frischluft – beispielsweise im Winter – angesaugt wird. Diese strömt über den von der ausgeleiteten Innenraumluft erwärmten Wärmetauscher und somit als vorgewärmte, trockene Luft ins Reisemobil. Hier kann sie nun sehr viel Feuchtigkeit aufnehmen und im nächsten Zyklus mit ausleiten.

Beide Anlagen arbeiten mit 12 Volt Bordspannung und minimalem Stromverbrauch, was die Nachrüstung völlig problemlos gestaltet. Beide Hersteller geben die Lautstärke an mit 35 dB (Dometic) und 38 dB (Bayernluft) im Normalbetrieb. Runtergeregelt auf den Nachtmodus sind beide Anlagen quasi nicht mehr hörbar.

Foto: Hobby
Foto: Dometic

Infobox

Infos zur Dometic ACC3100

Wer etwas Platz auf dem Dach zur Verfügung hat oder ein Mini-Heki entbehren kann, installiert hier mit geringem Aufwand die ACC3100. Das Gewicht von sieben Kilogramm ist nicht enorm, auch wenn jedes Zusatzgewicht auf dem Dach die Fahrdynamik nicht verbessert. Dafür überzeugt die aerodynamische flache Form der ACC.

Insgesamt verfügt die ACC über eine deutlich höhere Luftaustauschrate als die Bayernluft, wobei auch deren Rate selbst für größere Fahrzeuge schon völlig ausreicht. Die ACC bringt eine große Zwangsentlüftung schon mit, ist CI-Bus- und Bluetooth-fähig, die Bedienung gelingt auch über eine App. In Nachrüstmodellen ist die LED-Beleuchtung und das Air-Purification-System schon mit an Bord – bei werkseitig einbauten Anlagen fehlen diese (nachrüstbaren) Optionen mitunter.

Grundsätzlich ist der Differenzialdrucksensor optional. Ihn verbaut, wer einen hohen Luftaustausch schon durch undichte Fenster, Türen und oder Zwangsentlüftung befürchtet. Hier würde im Winter quasi ein wenig Wärme ohne „Wärmerückgewinnung“ verloren gehen. Der Sensor misst den Druck im Fahrzeuginneren und außen und steuert die Lüfter derart, dass Druckausgleich erzeugt wird. Nun findet der komplette Luftaustausch einzig über den ACC3100 mit Wärmerückgewinnung statt. Das spart weitere Energie. Ob der Aufwand lohnt, bleibt fraglich.

Montage: Dach (40×40 / 36×36 cm Dachausschnitt)
Preis: 699 Euro
Gewicht: 7,14 kg
Maße: 553 x 220 x 537 mm, 7 kg
Optional: Differenzialdruck-Sensorkit für 175 Euro & Solarkit für 399 Euro
Stromverbrauch: max. 7,6 Watt (ohne Licht)
Kontakt: www.dometic.com

Was leisten Belüftungsanlagen nicht?

Stellen Sie sich einen schwülheißen Sommerabend vor. Vor und im Fahrzeug ist die Luftfeuchte extrem hoch. Belüftungsanlagen arbeiten nur so lange, wie die Außenluft nur minimal feuchter als die Innenluft ist, da sie die feuchte Luft nicht aktiv entfeuchten können. Allerdings kommt es im Innenraum auch nicht zur Kondensatbildung, da die Flächen ebenfalls warm sind und Kältebrücken fehlen. Bei extremer Feuchte stoppen die Anlagen automatisch die Ansaugung.

Ausnahme: Sie arbeiten parallel zu einer Kompressorklimaanlage an Bord. Diese wälzt quasi nur Innenraumluft um, kühlt und entfeuchtet diese. Mit der Zeit müsste der Camper sein Fahrzeug mal dringend lüften, um die kalte, aber trotzdem verbrauchte Luft zu erneuern. Beim Lüften strömt aber extrem heiße Luft ins Fahrzeug, die wieder gekühlt werden müsste. Beim parallelen Betrieb mit einer Belüftungsanlage übernimmt diese den Eintrag von Frischluft und „erspart“ somit das energiefressende Abkühlen von heißer Lüftungsluft.

Montagebeispiel einer Bayernluftanlage in einem Bimobil: 12-Volt-Anschluss und zwei Bohrungen nach draußen – fertig.
Foto: Bayernluft

Problem Winterruhe Reisemobil

Campingfahrzeuge werden oft bei noch warmen Temperaturen eingemottet. Mit sinkenden Außentemperaturen sinkt im Innenraum die Temperatur und die Fähigkeit der Luft, Feuchte zu binden. Effekt: Feuchtigkeit schlägt sich hinter Polstern, in Schränken und weiteren Flächen nieder.

Umluftanlagen garantieren bei minimalem Stromverbrauch von maximal wenigen Watt einen attraktiven Feuchteschutz und somit Schutz vor Schimmelbefall. Die Anlagen starten nur, wenn die Feuchte der Außenluft unter der im Fahrzeug liegt. Auch wenn der Verbrauch minimal ist – Landstrom oder Solaranlagen sollten den Energiebedarf puffern können.

Foto: Bayernluft

Infobox

Bayernluft Comfort mit Feuchteautomatik

Der Einbauort der sehr leichten Bayernluft-Anlage ist quasi im Fahrzeug beliebig wählbar. Vorteil: Keine negative Schwerpunktveränderung des Fahrzeugs durch den tiefen Montageort. Wichtig: Das Gerät muss aufrecht an der Außenwand hängen, da hier zwei Bohrungen für die Ansaugung und Ausleitung der Luft gesetzt werden müssen.

Die Außenwand kann übrigens beliebig dünn sein. Ansaugung und Einblasdüse unten am Gerät können mit Flexrohren verlängert werden – die Verrohrung sollte im Idealfall nicht länger als je zwei Meter sein. Optimal wäre eine Platzierung zwischen Bad und Wohnraum. So können die feuchte Abluft und Gerüche aus dem Bad abgesaugt, die Frischluft in den Wohnraum eingeblasen werden.

Grundsätzlich kann die Belüftungsanlage von Bayernluft auch frei im Raum hängen, empfehlenswert ist hingegen die (versteckte) Montage in Heckgarage oder einem Schrank, dann ist sie unhörbar platziert. Bei Montage in der Heckgarage kann die Frischlufteinblasung aber auch unter der Matratze platziert werden, was jegliche Schimmelbildung effektiv unterbindet.

Montage: Innenraum/Staufach
Preis: 798 Euro
Gewicht: 3,9 kg
Maße: 41 x 31 x 12 cm (bei optionaler, etwas kleinerer Türe 29 Euro)
Stromverbrauch: max. 6 Watt
Kontakt: www.bayernluft.de

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