Etwa 14 Millionen neue leichte Nutzfahrzeuge werden pro Jahr auf der gesamten Welt zugelassen. Das ist der Markt, auf dem der Auto-Gigant Stellantis der Marktführer werden möchte. Zur Verfügung stehen dabei sechs Marken: Fiat, Peugeot, Citroen, Opel, RAM und Vauxhall. Sie bilden den Zusammenschluss Pro One, der in Europa bereits die unumstrittene Nummer 1 ist. Denn 30,3 % aller neu zugelassenen leichten Nutzfahrzeuge in Europa stammen von Stellantis. Einen Großteil dieser Fahrzeuge macht der Typ X250 aus: Fiat Ducato, Opel Movano, Peugeot Boxer und Citroen Jumper.
52 % aller produzierten Fahrzeuge sind Pritschenwagen, Leiterrahmenfahrzeuge und Triebköpfe. Die restlichen 48 % der Jahresproduktion entfallen auf Vans. Die Camping-Industrie ist weiterhin ein großer Abnehmer: rund 50 % der Produktion in Europa wird von Wohnmobilherstellern und Ausbauern gekauft. Stellantis sagt, mittlerweile fuhren 7 von 10 Wohnmobilen auf Stellantis-Basis, sprich Ducato, Movano, Jumper oder Boxer.
Badge-Engineering und ein einheitlicher Motor
Denn ja, allen Stammtischlegenden zum Trotze: Die Transporter, die Stellantis für die vier Marken (und Vauxhall für UK) fertigt, sind bis auf Kühlergrill und Logo komplett identisch. Erhältlich sind acht verschiedene Größen, vom mittleren Radstand in Normalhöhe (L2H1) bis hin zum langen Radstand mit Überhang und Superhochdach (L4H3). Das Getriebe kommt, nachdem sich die 9-Gang-ZF-Automatik als problematisch erwies, seit Ende 2024 von Aisin aus Japan. Diese 8-Gang-Automatik wird in jeder Ausführung mit dem gleichen 2,2-Liter-Turbodiesel verheiratet. Die verschiedenen Leistungsstufen werden dabei per Mapping, Steuerzeitenänderung und Turbo-Geometrie erreicht. Wer sich für die Modellpalette und die Nutzfahrzeuge im Detail interessiert, kann hier unseren Artikel dazu lesen: Nutzfahrzeuge nach Kundenwunsch.
2026 wird es noch kleine Änderungen geben: neue LED-Scheinwerfer und ein komfortabler Fahrersitz sollen Ducato & Co. aufwerten.
Alternative Antriebe beim Kastenwagen
Der vollelektrische Ducato kam bereits 2024 auf den Markt und bildet heute etwa 4 % der Produktion, wie uns Anne Abboud, Leiterin von Stellantis Pro One, auf Nachfrage verriet. Die Fertigung aber sei auf eine Erhöhung oder Reduzierung des Anteils der Elektrofahrzeuge gut vorbereitet – schließlich laufe die Fertigung auf denselben Anlagen wie die Produktion der Verbrenner. Der E-Ducato kommt mit einer 110 kWh großen Batterie, die als flacher Akkupack in das Chassis integriert wird. Lustiger Einschub: Dort, wo die Batterien gelagert werden, steht ein riesiges Becken auf Rädern, ähnlich einem überdimensionierten Bollerwagen. Sollte eine der Batterien brennen, wird sie mit einem Kran ins Wasserbecken gelegt.
Mit 270 PS Nennleistung und 410 Nm Drehmoment ist der vollelektrische Ducato auch der leistungsstärkste. Versprochen wird, je nach Radstand und Fahrzeuggröße, eine Reichweite von 430 Kilometern (nach WLTP), was für die Last-Mile-Delivery tatsächlich mehr als ausreichend sein sollte. Und tatsächlich, wie Anne Abboud uns gegenüber bestätigte, kommen die Abnehmer des E-Ducato fast allesamt aus dem Liefersektor. Lieferbar ist er als Kastenwagen und als Chassis für Aufbauten.
Batterieelektrische Kastenwagen fürs Camping
Ganz regungslos bleibt die Campingbranche im Bereich Elektro nicht. Gesamtleiterin Anne Aboud und Arnauld Leclerc, der Verantwortliche für Custom Fit und Recreational Vehicles, berichten von einem Versuch mit einem namentlich nicht genannten Ausbauer. Dabei sei ein gut ausgestatteter Van bereits auf eine reelle Reichweite von 320 Kilometern gekommen.
Auf die Frage, wann die Reichweiten endlich über 500 Kilometer liegen würden, antwortet Arnauld Leclerc mit einem schelmischen Lächeln. „Glauben Sie mir, sobald wir einen Kunden aus dem Camping haben, der Interesse an elektrischen Kastenwagen mit mehr Reichweite hat, werden wir reagieren können. Für uns wird das kein Problem sein.“ Es scheint also, dass Stellantis bereits in den Startlöchern für mehr Batteriekapazität steht.
Einen weiteren Hoffnungsschimmer Richtung E-Camper gibt eine neue Funktion, die es ab Ende 2025 geben wird. Electric Power Take-Off, kurz EPTO, bezeichnet die Möglichkeit, den batterie-elektrischen Nutzfahrzeugen Strom für andere Einsatzzwecke zu entnehmen. Geplant sind hier 400- und 230-Volt-Anschlüsse. Die Option des 400-Volt-Anschlusses lässt vermuten, dass hier auch Handwerker und mobile Werkstätten auf ihre Kosten kommen sollen.
Fazit
Stellantis, insbesondere Stellantis Pro One, marschieren mit Vollgas Richtung Zukunft. Dass die Nutzfahrzeuge, vom dreirädrigen Fiat Tris bis hin zum L3H3-Ducato, alle Teil einer ineinandergreifenden Strategie sind, wird sich vermutlich auszahlen. Ob Stellantis wirklich die Nummer 1 in der Nutzfahrzeug-Welt wird? Kann sehr gut sein. In Europa und in Südamerika sind sie bereits Marktführer.