Seit nun zehn Jahren steht die Marke Forster für erschwingliche Freizeitfahrzeuge. Zielgruppe: hauptsächlich junge Familien. Hier setzt auch die neueste Baureihe des Herstellers an. Flip steht für Family Life Pur, die drei Kastenwagen zeichnet vor allem das in der Serienausstattung enthaltene Aufstelldach aus. Weil bisher jedoch hauptsächlich nach Schema F gebaut wurde – also das, was im Konzernbaukasten auch für die anderen Marken aus dem Hause Trigano verfügbar war –, richtete sich das Angebot wie fast immer an maximal vier Personen. Die Flip-Baureihe ergänzt dieses Angebot nun um einen relativ ungewöhnlichen Grundriss und um eben jenen fünften Gurt- bzw. Schlafplatz, der bislang fast ausschließlich in großen Wohnmobilen zu finden war. Zugegeben, vor der Abholung witzelten wir noch über das Datenblatt. Fünf Camper in einem Sechs-Meter-Ducato, plus Gepäck – wie soll das gut gehen?
Weitläufiger Wohnraum
Doch dann öffnest du die Schiebetür und blickst auf eine super weitläufige Sitzgruppe. Die übliche Rückbank (2x Isofix ab Werk) steht weit hinten im Wohnraum, ergänzt um einen großzügigen L-Schenkel auf der Fahrerseite. Und tatsächlich: Nimmt man die drehbaren Fahrerhaussitze hinzu, kommen hier gut und gerne fünf, zur Not auch mal sechs Personen unter.
Deren Teller und Tassen verteilen sich auf einem zentralen, verschiebbaren Tisch, den man von jedem Sitzplatz aus bequem erreicht. 128 mal 53 Zentimeter sind rekordverdächtig, jedoch bedeuten die großen Hebelkräfte auch, dass er nicht gar so stabil steht wie die üblichere, seitlich angeschlagene Variante.
Tagsüber oder besser gesagt zum Fahren lässt sich der Mittelteil des L-Schenkels entnehmen und an anderer Position als Lehne einsetzen. Dann nimmt eine fünfte Person entgegen der Fahrtrichtung und mit einem Beckengurt gesichert Platz. Tatsächlich ist das gar nicht so gewöhnungsbedürftig, wie es zunächst klingen mag. Auch ist der Hocker mit 50 Zentimetern überraschend breit – aber die Lehne dürfte etwas weniger steil stehen.
Wird die Tischplatte zusammengeklappt, halbiert sich ihre Fläche. Der Tisch kann außerdem abgesenkt und mit zusätzlichen Polstern versehen werden – dann steht eine verhältnismäßig große Liegefläche bereit. Zwar verschmälert sich der Mittelgang so, doch für den nächtlichen Gang zur Toilette reicht es. Allerdings: Zugunsten des Sitzkomforts sind die fünf Polsterteile nicht exakt gleich hoch oder eben, was sich beim Liegekomfort wiederum negativ bemerkbar macht.
Als Pluspunkt werden noch die sauber verarbeitete Kunstleder-Verkleidung sowie die Lichtleisten über dem Fahrerhaus und an den seitlichen Hängeschränken notiert. Letztere bieten leider nur wenig nutzbare Tiefe, und über dem Fahrerhaus wurde der Dachstauschrank gänzlich weggespart. Auch die Sitzpodeste halten kaum Stauraum bereit. Stattdessen sind hier ein Teil der Elektro- technik und der Gas-Boiler von Truma untergebracht. Die Standheizung wiederum verbrennt Diesel und ist unterflur montiert. Auch die Wassertanks hängen am Unterboden – isoliert oder beheizt sind sie nicht.
Küche mit ordentlichem Stauraum
An der Küchenzeile gegenüber entspannt sich die Stauraum-Situation. Drei Schubladen inklusive Besteckeinsatz und ein deutlich größerer Hängeschrank nehmen einige Kochutensilien auf. Auch der Gasvorrat kommt hier unter – gut erreichbar über die Schiebetür. Für Vorräte steht ein 42 mal 48 mal 72 Zentimeter großer Schrank zur Verfügung, Kühlgut wandert in den Thetford-Kühlschrank, der auf komfortabler Höhe angebracht ist und ohne Gefrierfach 84 Liter fasst. Auch die Höhe der Arbeitsplatte passt mit 92,5 Zentimetern gut. Hier ist ein Kombi-Gerät von CAN mit großer Spüle (24 x 34 Zentimeter) und zwei Gasbrennern eingelassen. 15 und 18 Zentimeter dürfen die Töpfe messen, wenn sie gleichzeitig befeuert werden sollen – ob man damit die ganze Mannschaft satt bekommt? Ein Mindestmaß an Arbeitsfläche realisiert Forster mittels Klappbrett, das stabilere Konsolen vertragen könnte – in der Praxis steht aber ja immer der riesige Tisch bereit.
Raumbad wie im Reisemobil
Die ungewöhnlich große Sitzgruppe ist längst nicht der einzige Clou des V 599 VB5. Während es etwas übertrieben wäre, die übliche Kastenwagen-Nasszelle als Badezimmer zu bezeichnen – hier passt es gut. Toilette und Duschkabine stehen sich gegenüber, können separat genutzt oder durch eine abschließbare Holztür zu einem großen Raumbad verbunden werden. Zum Fahrzeugheck hin gibt es eine Falltür. Die Duschkabine (70 mal 70 Zentimeter) hingegen lässt sich mittels Lamellenschiebetür abtrennen – Feuchtigkeit ist also kein Problem, zumal alles sauber verfugt wurde. Auch Ablagen fürs Duschgel sowie ein Brause- und ein Handtuchhalter fehlen nicht. Im Toilettenabteil gegenüber gibt es sogar noch etwas mehr Stauraum und außerdem ein großes Fenster, vor allem aber viel Beinfreiheit beim „Geschäft“ – solange das volle Raumbad genutzt wird.
Stockbetten im Heck
Freilich können auch die Forster-Konstrukteure nicht zaubern, weshalb der Platz für ein klassisches Querbett im Heck nicht mehr genügt. Stattdessen platzieren sie Einzel-Stockbetten mit jeweils 185 Zentimeter Länge. Beide Betten verfügen über eine ordentliche, zehn Zentimeter starke Matratze, die auf einem Holzlattenrost ruht. Dadurch beschränkt sich die Kopffreiheit auf 61 Zentimeter unten und 53 Zentimeter oben – hier ist der Verzicht auf Dachstauschränke natürlich sinnvoll. Wichtig: Beide Liegeflächen sind mit einer ordentlichen Absturzsicherung versehen. Schon schwieriger wird es mit dem Stellen der Leiter fürs obere Bett.
Als elterliches Schlafzimmer steht nun noch das Aufstelldach zur Verfügung. Hier ergibt sich aus zwei schmalen Matratzen, ebenfalls 10 Zentimeter stark und auf einem Holzlattenrost, ein bequemes Doppelbett. Jeweils links und rechts stehen ein Fenster mit Fliegenschutzgitter, Ablagen und eine Schwanenhalsleuchte mit USB-A-Steckdose zur Verfügung. Die Decke ist mit Stoff kaschiert. Gut gelöst sind auch die Verschlüsse, die von gewöhnlichen Gurtschlössern abgeleitet sind – aber es wurden zu starke Gasdruckdämpfer gewählt, sodass zum Schließen der Dachschale sehr viel Kraft nötig ist.
Fazit: Auch für Sportler spannend
Ein Fazit? Schwierig, so ganz ohne Kids. Eindruck macht der Grundriss auf unter sechs Metern aber allemal. Die Verarbeitung passt, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Allzu viel Gepäck bekommt man bei voller Besatzung aber nicht mehr unter. Dann sollte man dringend auch aufs Gewicht schauen. Apropos Gepäck: Die Schwestermarken aus dem Konzern sind natürlich längst auch auf den Grundriss aufmerksam geworden, sie interpretieren ihn nur etwas anders, und das wäre auch unsere Idee: Die beiden Stockbetten können mit wenigen Handgriffen entnommen werden, dann passen zum Beispiel Rennräder oder andere teure Outdoor-Ausrüstung ins Heckabteil.
Meinung
Fünf Personen im Van? Klar, solange die Anzahl an Sitz- und Schlafplätzen passt. Alles eine Frage der Orga. Platzangst? Vorzelt! Kochen? Geht auch vor dem Camper auf dem Gasgrill/-kocher. Der Heckstauraum unter den Stockbetten im Forster ist knapp? Staubox auf die AHK! Ist das alles noch praxistauglich? Ja, mit weniger Luxus und mehr Fokus aufs Wesentliche – die Familie.
Technische Daten
Basisfahrzeug: Fiat Ducato 35 L, Vierzylinder-Turbodiesel mit AdBlue und SCR-Katalysator.
Hubraum: 2.184 cm³, Leistung 103 kW (140 PS) bei 3.500 U/min, max. Drehmoment 340 Nm bei 1.750 U/min. Achtgang-Automatikgetriebe, Vorderradantrieb, Euro 6e.
Maße und Massen: (L x B x H) 599 x 205 x 265 cm, Radstand: 404 cm. Stehhöhe: 188 cm. Masse im fahrbereiten Zustand: 2.854 kg (Herstellerangabe), zul. Gesamtmasse: 3.500 kg.
Aufbau: Stahlblechkarosserie (L3H2) mit Aufstelldach, vorgehängte Kunststoff-Isolierfenster. Isolierung von Dach und Wänden mit 10 mm PU-Matten, Boden mit 26 mm XPS-Schaum. Innenverkleidung mit Kunststoff-Formteilen.
Betten: Heck-Stockbetten 183 x 68 cm und 185 x 80 cm, Notbett aus Sitzgruppe 170 x 110 cm, Aufstelldach 195 x 120 cm.
Füllmengen: Frisch-/Abwasser 85 l/75 l unterflur, Gas 1 x 5 kg, Kompressor-Kühlschrank 84 l.
Diesel 60 l, AdBlue 19 l.
Serienausstattung: (Auszug) Klimaanlage, elektr. Parkbremse, drehbare Fahrerhaussitze, Druckwassersystem, Küchen- und Duschausstattung, 2x Isofix, AGM-Aufbaubatterie (95 Ah), 4-kW-Dieselstandheizung, 10-Liter-Gasboiler
Sonderausstattung: (Auszug) Travel Line Paket u. a. inkl. Fahrerhausverdunkelung, Fliegengittertür, elektr. Trittstufe und Rückfahrsensoren 2.490 €, Comfort Line Paket inkl. 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, lackierter Fronstoßstange, Lederlenkrad und Rückfahrkamera 1.890 €, Zusatzbett 530 €, Automatikgetriebe 3.690 €
Testverbrauch: 8,8 l/100 km
Grundpreis: ab 57.900 €
Testwagen: 65.970 €