> Camper-Test: Der neue LOEF auf 4×4 MAN TGE

Neuer Allradler auf MAN TGE von LOEF

13.08.2025
Bild & Text: Andreas Güldenfuß

„Die exklusiven Camper aus Hamburg“, so nennt sich LOEF selbst: Ein bisschen Vernunft, ein bisschen Spaß. Zum Testen sind dann ein Hamburger, ein Schwabe und ein Bayer gemeinsam unterwegs – wenn’s da LOEFt, dann läuft’s. 

Um das „extreme“ Zusammentreffen der Kulturen noch spannender zu machen, trifft man sich auf rund 2.000 Metern Höhe mitten in den Dolomiten, etwas abseits richtig befestigter Straßen, mit Erlaubnis der Bergbauern, die gerade ihre Kühe auf die Alm bringen. Das passt ein bisschen und sorgt für zusätzlichen Nervenkitzel – denn die Rindviecher werden nicht wie bei Heidi auf die Alm getrieben, sondern mit dem Traktor im Anhänger chauffiert. Das Gute daran, der Flachländer, also der Hamburger, hätte vermutlich gezweifelt, dass der Bayer, also der MAN, mit seinen 6,80 Metern Länge da hochkommt. Aber wenn der Südtiroler mit seinem Steyr-Traktor und Anhänger das schafft, schafft es der 4×4 MAN TGE auch – nur der Schwabe weiß, dass die Steyrs besonders wendig und kippstabil sind.

Fahrverhalten und Allradantrieb

Aber es LOEFt. Trotz ein bisschen Übergewicht, der MAN TGE 4.160 mit knapp 3,8 Tonnen Leergewicht, zwei Liter Vierzylinder Biturbodiesel mit 163 PS, 8-Gang-Wandlerautomatik und dem VW-4Motion-Antriebsstrang mit Haldex-Kupplung funktioniert. Einzig die vielen serienmäßigen Assistenzsysteme unterbrechen den Vor- oder Rückwärtsdrang teils abrupt, um Kollisionen mit nicht vorhandenen Hindernissen zu vermeiden.

Im Normalbetrieb wird der MAN kraftstoffsparend über die Vorderachse angetrieben, wird von den Radsensoren Schlupf festgestellt, schaltet sich in Millisekunden die Hinterachse zu und das Drehmoment wird variabel verteilt. Das 4Motion-System ist uns ja bestens bekannt und gehört bei den VW T6.1 mit Direktschalt-Getriebe fast schon zum Standard. Eigentlich schade, wenn man an der Fahrtauglichkeit zweifeln muss, aber mit über 200 PS in der sechsten Generation und einem knackig zupackendem Siebengang-DSG ist Traktion stark vom Untergrund abhängig. Gefühlvoll mit Gas und Kupplung ist nicht, der Bi-Turbo macht Druck und das Getriebe greift zu – also besser Allradantrieb.

Die Sitze der Fahrgäste und die Transportersitze für Fahrer und Beifahrer sind in Bestform verarbeitet.

Der große MAN benimmt sich mit der japanischen achtstufigen Wandlerautomatik einwandfrei. Hier könnte man dem Camper wirklich zutrauen, auch auf losem Boden gefühlvoll loszufahren. Einzig bei unsrigen Test-Bedingungen mit steilen 180-Grad-Kehren auf Schotter würde der 6,84 Meter lange Wagen mit 4,49 Meter Radstand und knapp 17 Metern Wendekreis nur frontgetrieben ans Limit kommen.

Dank der dezenten Höherlegung von 60 Millimetern an Vorder- und Hinterachse und komplett unter dem Fahrzeug verschwindender Alphadynamik-Trittstufe für einen bequemen Einstieg ins Fahrzeug hat es nur ein, zwei Mal am Differenzial gekratzt, bis unser Ziel erreicht war – entsprechende Schutzplatten für die Technik liegen bereit und sind bis zur Abenteuer-&-Allrad-Messe montiert.

Viel self-made by LOEF mit Anbaukomponenten by Yakima: Dachträger, Dachterrasse, Heckträger, Fahrradträger.

Wohn- und Schlafbereich

Schön verarbeitet. Mit „ein Mann, ein Fahrzeug“ wird die Qualität und die Verantwortung erhöht. Kunden dürfen gerne vorbeikommen, wenn ihr Fahrzeug gebaut wird.
Die Leiter ins optionale Obergeschoss ist im Dach perfekt aufgeräumt – da könnten sich andere ein Beispiel daran nehmen.

Auch wenn einem die Heck-Sitzgruppe anfangs ein bisschen ungewohnt vorkommt, es ist schon praktisch, so viel Platz zu haben, ohne was umbauen zu müssen. Wobei man zu zweit auch ganz ordentlich auf dem Aguti-Gestell mit Einzelsitzen thront und selbst an der Wand genügend Platz und eine Armauflage hat. Unterm Strich spart man sich, die Vordersitze zu drehen, muss dafür aber die gemütliche Hecksitzgruppe zum Schlafen zum Längsbettbett umbauen. Natürlich mit Kaltschaum in verschiedenen Härten ohne störende Spalten.

Wenn man nicht Option B, das durchs Fahrzeug besteigbare Dachzelt, nutzt. Die Variante ist eher für den dritten und vierten Schlafplatz gedacht, kann aber auch zu zweit viel Spaß machen. Die Dachzelt-Variante ist eh eine Besonderheit, denn der LOEF ist ausgesprochen gut und aufwändig isoliert. Natürlich wissen wir: Was gegen Kälte hilft, hilft auch gegen Wärme, und im Sommer ist so ein luftiger Schlafplatz auf dem Dach ganz angenehm. Aber für die Norddeutschen ist der Winter in Skandinavien viel näher, und dafür wäre der 680er ganz gut geeignet. Frisch- und Abwasser sind natürlich beheizt, auch der Boden wird erwärmt und die Wände sind mit Schafwolle und Armaflex isoliert. Für angenehme Temperaturen im Winter sorgt Diesel, je nach System wird warme Luft ausgeblasen oder es gibt Konvektoren, die dank durchdachtem Möbelbau mit Hinterlüftung und guter Zirkulation für angenehmes Klima sorgen.

Für alle Fälle gerüstet: Ceran-Kochfeld, großes Spülbecken, Arbeitsplatte aus Corian, magnetischer Messerblock

Möbelbau

Der Möbelbau ist eh ein Thema, vermutlich ist er aerodynamisch, um die Luftumwälzung zu verbessern. Natürlich quatsch, aber die abgerundeten Ecken sehen schon gut aus. Der Aufwand dahinter, also das Verwenden von leichtem Albasia-Holz, Biegesperrholz, Echtholz-Furnier und Corian, ist schon ein Zeichen dafür, dass der Konstrukteur weiß, was er tut. Der Kunststein Corian ist in heimischen Küchen schon lange der Klassiker, wenn es um Arbeitsplatten geht.

Im Camper reichen 12 Millimeter Stärke aus, und weil es so praktisch ist, wird die Duschwanne gleich mit aus dem Material gefertigt. Also keine Angst, wenn was runterfällt, die Arbeitsplatte oder der Boden halten das im Gegensatz zu den Wabenplatten mit dünner HPL-Decke oder Kunststoffeinsätzen auch aus. Außerdem haben die Oberschränke und Fächer ordentliche Rüttelkanten, es fällt also nicht alles heraus, wenn man mal schräg steht.



Raumnutzung und Nasszelle

Der TGE ist nicht gerade der breiteste Kastenwagen, durch die Länge wurde der Platz aber gut genutzt, der Ausbau also eher verlängert als verbreitert. Die Nasszelle ist also überraschend geräumig – noch überraschender, wenn man kapiert hat, dass die Clesana-Verschweiß-Toilette auf Knopfdruck in der Wand, also unter der Bank im Heck, verschwindet. Clever: der oben angebrachte Spiegelschrank spart Platz und hält den Inhalt trocken.

So hat man nämlich einen richtigen Duschtempel mit in der Decke eingebauter Regenwalddusche und separater Handbrause. Das ist wohl der Grund, weshalb es optional zu den 92 Litern Frischwasser zusätzliche 140 Liter gibt.

Fazit

Der LOEF ist also sicher kein spartanisches Expeditionsmobil, sondern eher ein Abenteuerspielzeug. Echtholz-Furniere, Ledersitze vom Sattler, Eichenparkett und Design made in Hamburg. Der Kopf hinter der Entwicklung ist Christian Schröder, Inhaber und Geschäftsführer von LOEF. Seine Leidenschaft seit frühester Kindheit: Wildnis und Camping – aber wie so oft jetzt mit Frau und zwei Kindern.

Der LOEF ist also im echten Leben angekommen und macht das Beste aus der Situation. Ein bisschen Vernunft, ein bisschen Spaß – so wie das Big Green Egg am Schwerlastauszug im Heck. Der 30 Kilogramm schwere Keramikgrill „als unverzichtbare Stilikone“ ist eher für Familiencamping am Strand als für Offroad-Touren im Balkan gedacht.

Auch wenn es sich die Schwaben und Bayern kaum vorstellen können, an den Nord- und Ostseestränden oder gleich in Dänemark haben die Flachländer oft mehr Offroad-Einsatz als wir im Süden. Nicht so steil und nicht so eng, also auch kein Problem mit der Länge oder der Bodenfreiheit, und es gibt den LOEF ja auch noch als 740er.

Luxuriös ausgestattet und hochwertig verarbeitet. Handwerklich vom feinsten und durchdacht. Das Offroad-Utility-Vehicle ist gerade voll der Trend. Jeder Hersteller in jeder Klasse baut gerade Allrad-Campervans. Größtenteils werden die Ausbauten, die schon auf normal schlechten Asphaltstraßen klappern, einfach in ein vierradgetriebenes Chassis gesteckt, und plötzlich gibt es eine große Auswahl an solchen Fahrzeugen und schon beinahe einen Preiskampf.

Das Big Green Egg im Heck: Der Keramik-Holzkohlegrill ist laut LOEF eine "unverzichtbare Stilikone"

Preis

Ab rund 60.000 Euro bekommt man einen Einstiegscamper auf dem kleinen Ford Transit, die Fahrzeuge auf Sprinter gibt es ab 90.000 Euro. Der LOEF bietet und kostet etwas mehr: Die ersten fünf 2025er gibt es für knapp 200.000 Euro. Viel Geld, dafür schon voll ausgestattet. Auf jeden Fall anschauen.

Technische Daten

Basisfahrzeug: MAN TGE 4.160 4×4. Vierzylinder-Turbodiesel mit AdBlue und SCR-Katalysator. Hubraum 1.968 cm³, Leistung 120 kW (163 PS) bei 3.600/min, max. Drehmoment 410 Nm bei 1.500/min. 8-Stufen-Wandlerautomatik, Allradantrieb. Euro VIe.
Maße und Massen: (L x B x H) 684 x 207 x 295 cm, Radstand: 449 cm. Masse im fahrbereiten Zustand: 3.720 kg, zulässige Gesamtmasse: bis 4.500 kg. Stehhöhe 193cm.
Aufbau: Stahlblechkarosserie mit Hochdach, isolierte Alu-Rahmenfenster mit Doppelverglasung. Isolierung Dach 19 mm Armaflex, Wände Schafwolle und Armaflex. Boden 53 mm Glasfaserplatte mit Isolierung. Optional Aufstieg mit Durchgang zum Yakima-Dachzelt mit Hartschale.
Bett: Heck-Längsbett 196 x 160 cm.
Füllmengen: Frisch-/Abwasser: 90 l innenliegend/84 l außen isoliert. Diesel 75 l, AdBlue 18 l.
Serienausstattung: 90-l-Kompressorkühlschrank mit Gefrierfach, Kompaktbad mit Clesana-Verschweiß-Toilette, Zweizonen-Induktionskochfeld.
Sonderausstattung: Heckträger, Dachträger, Grill auf Heckauszug, Hängematte und Dachterrasse, Höherlegung, Folierung, Luftfederung, Zusatzscheinwerfer, Trittstufe, Dachzelt.
Grundpreis: ab 198.000 €

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