> Sprinter für die Stadt im Test: Yucon V-City

Sprinter für die Stadt: Yucon V-City

30.06.2025
Bild & Text: Daniel Schlicke

Entgegen dem Trend geht es hier ausnahmsweise mal nicht um Allrad und Abenteuer. Doch ist ein Sprinter tatsächlich für die Stadt?

Viel Fahrkomfort und ein dezentes Design stehen weit oben im Anforderungskatalog für deinen Campervan? Vorrangig Städtetrips finden sich auf deiner Bucketlist? Hier bringt Yucon den neuen V-City ins Spiel: Nachdem sich der Hersteller aus Oberfranken bei seinen Sondermodellen zunächst auf die Abenteurer unter den Campern konzentrierte, soll nun auch die etwas gemütlichere Zielgruppe fündig werden. Der V-City sei eine preisattraktive Alternative für alle, die einen Mercedes-Benz Sprinter wollen, aber keinen Allrad brauchen.

Ab 87.900 Euro kostet der knapp sechs Meter lange Kastenwagen mit 150-PS-Motor, Handschaltgetriebe und Hinterradantrieb. Warum Yucon bei einem Modell, das ausdrücklich auf die Option Allrad verzichtet, nicht den Sprinter mit Vorderradantrieb als Basis wählt? Der verfügt schließlich über rund zehn Zentimeter mehr Innenhöhe. Allerdings hat der Fronttriebler den deutlich längeren Radstand (392 Zentimeter), wodurch auch der Wendekreis wächst – um fast zwei Meter. Dabei sind U-Turns schon mit dem Testwagen (Wendekreis: 13,4 Meter) nicht ohne. Ebenso die Parkplatzsuche.

Aber es ist ein bisschen wie bei den äußerst beliebten SUVs: Man sitzt weit oben, gefühlt über dem Verkehr, und hat alles im Blick. Das vermittelt Sicherheit. Zudem ist der Testwagen mit den richtigen Sonderausstattungen konfiguriert und damit perfekt für den Stadtverkehr vorbereitet: Gerade die optionale Wandlerautomatik und der aktive Abstandsassistent – beides funktioniert im Sprinter sehr gut – nehmen dem Fahrer viel Arbeit ab.

 

Das neue Lenkrad ist eher ein Rückschritt in Sachen Bedienbarkeit. Und obwohl der Testwagen knapp sechsstellig kostet, fehlt noch das Navi – dank Smartphone-Integration nicht so tragisch.
Die ausladende Karosserieverbreiterung wurde sauber eingepasst, stört jedoch beim Blick in den Außenspiegel.

Besser auf Sprinter

Tatsächlich ist sich die Testredaktion einig: Wenn es wirklich ein Kastenwagen sein soll für die Stadt, dann auf Sprinter-Basis. Die Motorgeräusche sind deutlich besser gedämmt, das Fahrwerk ist komfortabler abgestimmt, sodass selbst die schlechten Straßen hier in Stuttgart kein Problem darstellen. Und der Ausbau ist angenehm leise. Knarz- oder Klappergeräusche sind so gut wie nicht zu vernehmen, die üblichen, den Dachhauben geschuldeten Windgeräusche erst oberhalb Landstraßentempo. Anlass für Kritik geben lediglich das Sprinter-Facelift mit seinen touch-sensitiven Lenkradtasten sowie die fahrerseitige Karosserieverbreiterung, die doch sehr voluminös ausfällt und die Sicht im Außenspiegel deutlich einschränkt. Allerdings aus gutem Grund: Nur so sind auf Sprinter knapp zwei Meter Liegelänge möglich.

Das sehr bequeme Querbett ist mit einer zehn Zentimeter starken, nicht zu straffen Mehrzonen-Matratze auf Kunststoff-Federtellern ausgestattet.

Yucon stattet das sehr bequeme Querbett für zwei Personen mit einer zehn Zentimeter starken, nicht zu straffen Mehrzonen-Matratze aus, die auf Kunststoff-Federtellern ruht. Zugunsten der Heckgarage ist die Liegefläche recht hoch angebracht (101 Zentimeter), weshalb die Dachstauschränke eher klein ausfallen. Auch USB-Steckdosen sowie eine offene Ablage für Smartphone, Buch oder Brille würden uns fehlen – und der dreiteiligen Matratze des Testwagens fehlen gut sechs Zentimeter, um die Liegelänge gänzlich auszufüllen. Glücklicherweise zieht ein passendes Laken die Polsterteile zusammen, sodass sich im Liegebereich kein unangenehmer Spalt auftut. Trotzdem verspricht der Hersteller auf Nachfrage, dass es sich hierbei um den Vorserien-Stand handelt.

Bei den Komponenten aus dem Zubehör lässt sich Yucon nicht lumpen: Die Türklinke ist aus Metall, die separate Brause aus dem Haushaltsbedarf. 

Bad mit wertigen Komponenten

98 Zentimeter der Wohnraumlänge sieht Yucon für das Kompaktbad vor. Hier sind eine pflegeleichte Banktoilette, eine Duschtasse mit zwei sinnig platzierten Abläufen und ein geräumiger Wandschrank untergebracht. Aus diesem klappt bei Bedarf noch ein Waschbecken sehr solider Machart. Auch eine separate Duschbrause aus dem Haushaltsbedarf gehört zur Ausstattung. Feuchtigkeit entweicht über eine Dachhaube, wobei der Spiegelschrank beim Duschen vor Spritzwasser geschützt werden muss. Dafür gibt es einen Vorhang, dessen Haltestange auch als Handtuchhalter dient. Seitlich wird er durch Schnellverschluss-Knöpfe in Position gehalten, sodass er nicht droht, am Körper zu kleben. An der Badtür wird das Wasser zuverlässig durch eine Abtropfleiste abgeleitet. Außerdem ist die Nasszelle perfekt ausgefugt und sehr gut ausgeleuchtet. Allerdings müssen groß gewachsene Camper den Kopf einziehen: Gerade noch 182 Zentimeter misst die Stehhöhe im Bad.
Im übrigen Fahrzeug sind es immerhin 190 Zentimeter.

Robuste Küche

Der Nasszelle steht ein kompakter Küchenblock gegenüber, an den ein deckenhoher Schrank anschließt. In letzterem steckt ein flüsterleiser Kompressorkühlschrank von Thetford mit 84 Liter Volumen, von denen sechs Liter für ein Gefrierfach entfallen. Die Schublade darunter ist an robusten Auszügen geführt, das Staufach darüber geräumig und sogar innen beleuchtet. Am Küchenblock selbst gibt es drei weitere Schubladen mit Softclose und ein noch größeres Schrankfach, für das der Hersteller wenigstens Regalböden anbieten sollte. Diese rüstet zur Not aber auch ein guter Händler nach.

Die Kocher-Spüle-Kombination wurde mit einem dreh- und klappbaren Einhebelmischer vom Zulieferer Reich versehen, sodass auch größere Töpfe gespült werden können. Auf den zwei Gasbrennern (mit elektrischer Zündung) können solche mit 16 und 22 Zentimeter gleichzeitig befeuert werden – ein durchschnittlicher Wert. Richtig gut gefällt die Arbeitsflächenerweiterung (40 mal 34 Zentimeter) an robusten Konsolen, die bündig anschließt und mit einer ebenso robusten CPL-Oberfläche versehen ist. Hier darf auch mal etwas drauffallen, ohne dass gleich eine Macke entsteht.

Der deckenhohe Vorratsschrank über dem Kühlschrank ist geräumig und innen sogar beleuchtet.
Der Ausbau ist geradlinig und modern – der jungen und der jung- gebliebenen Zielgruppe gefällt‘s.

Passable Halbdinette

Wie fast immer ist es die Zweierbank, durch die der Mittelgang noch mal deutlich schmäler wird. Im V-City messen wir 88 Zentimeter Sitzbankbreite und 40 Zentimeter für den Mittelgang – da wäre uns ein breiter Einzelsitz, der bündig mit dem Bad abschließt, deutlich lieber. Zumal die Lehne sehr steil steht, weshalb das gesamte Test-Team bevorzugt auf den bequemen, gedrehten Fahrerhaussitzen Platz nahm. Allerdings sei erwähnt, dass Yucon auch ein Aufstelldach (8.990 Euro) anbietet – Reisen zu viert sind also wenigstens theoretisch möglich.

Zur V-City-Ausstattung ab Werk gehören strapazierfähige Polsterbezüge in dezentem Dunkelgrau mit orangenen Kontrastnähten. Der 80 mal 40 Zentimeter große Tisch kann dank optionalem Aufbau-Paket um 42 Zentimeter erweitert werden. Er besitzt ein stufenlos höhenverstellbares Bein, falls man einmal nicht perfekt nivelliert stehen sollte, und kann draußen verwendet werden, wenn er an der Rückseite des Küchenblocks arretiert wird.

Die Arbeitsflächenerweiterung am Küchenblock hat eine robuste CPL-Oberfläche und ist stabil befestigt.

Im Testwagen sind zusätzlich ein Solarmodul, ein Wechselrichter und ein LTE-Router verbaut. Zum Streamen und Surfen fehlt also nur noch das Anzeigegerät. Im Allgemeinen wären noch ein paar mehr Steckdosen praktisch. Wer hingegen länger autark stehen möchte, sollte über das Upgrade auf Lithium-Technik nachdenken, wobei 2.390 Euro für 100 Ah nicht mehr zeitgemäß sind und der Abwassertank mit 55 Liter Volumen eher früher als später entleert werden will – in der Regel kein Problem, zumal auf stadtnahen Stellplätzen, für die das Fahrzeug konzipiert wurde.

Fazit: Dezentes Design, scharf kalkuliert

Der V-City ist jedoch nicht nur für Städtetrips, sondern ein echter Allrounder. Kein Wunder, schließlich ist er auch mehr ein Sondermodell des bewährten Yucon 6.0 BD – mit leicht eingeschränkten Möglichkeiten bei der Individualisierung, aber ganz ordentlichem Preisvorteil. Obwohl wir wie immer ein paar Änderungsvorschläge hätten, sind Aufteilung und Ausstattung durchaus gelungen. Das aufgefrischte Design ist ein Volltreffer, selbst wenn man keinen echten Stealth-Camper erwarten darf. Auch das ist nicht schlimm, denn auf Fenster verzichten wir nur ungern.

Technische Daten

Basisfahrzeug: Mercedes-Benz Sprinter 315 CDI. Vierzylinder-Turbodiesel mit AdBlue und SCR-Katalysator. Hubraum 1.950 cm³, Leistung 110 kW (150 PS) bei 3.800/min, max. Drehmoment 340 Nm bei 1.500/min. 9G-Tronic-Automatikgetriebe, Hinterradantrieb. Euro 6e
Maße und Massen: (L x B x H) 593 x 206 x 284 cm, Radstand 367 cm, Stehhöhe: 190 cm; Masse in fahrbereitem Zustand: 2.861 kg (Herstellerangabe); zul. Gesamtmasse: 3.500 kg
Aufbau: Stahlblechkarosserie mit Werkshochdach (L2H2). Wasserabweisende PES-Dämmung an Wand Decke (25 mm). Bodenplatte aus 15 mm EPS, 9 mm Pappel-Sperrholz und 2 mm PVC. Möbelbau aus beschichtetem Pappel-Sperrholz 12/15/19 mm, Arbeitsplatte mit CPL-Beschichtung. Rahmenfenster, Dachlüfter im Bad, Dachhaube 28 x 28 cm über Bett und Wohnraum.
Füllmengen: Frisch-/Abwasser 110 l innenliegend/55 l außenliegend, beheizt; Gas 2 x 5 kg, Thetford Kompressor-Kühlschrank 84 l, Diesel 93 l, AdBlue 22 l
Betten: Doppel-Querbett 197 x 135 cm
Serienausstattung: (Auszug) MBUX-System mit 10,25-Zoll-Touchdisplay, Klimaautomatik, Komfortbett mit Unterfederung, Küchen- und Badausstattung, LED-Beleuchtung, Aufbaubatterie 95 Ah (AGM), Truma Combi 4 mit CP Plus-Bedienteil, Druckwassersystem, Fahrerhausverdunkelung, Fliegenschutztür, Lackierung in Uni-Tiefschwarz
Sonderausstattung: (Auszug) Chassis-Paket inkl. beidseitiger Armlehnen, Abdeckung Armaturenbrett und Cupholder 1.490 €, Assistenzpaket u. a. inkl. aktivem Abstandsassistent und Lederlenk-rad 1.490 €, Automatikgetriebe 2.690 €, 90-Wp-Solarmodul 890 €, Dometic Wechselrichter (2.000 Watt, Sinus-Welle) 1.290 €, Alphatronics Stream LTE-Antenne 690 €
Testverbrauch: 10,2 l
Grundpreis: 87.900 €
Testwagen: 97.070 €

Infos: www.yucon.de

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