> Test Ahorn Camp Van City Irmscher Sonderedition

Ahorns sportlicher Allrounder für Alltag & Camping

23.09.2024
Bild & Text: Daniel Schlicke

Früher waren günstige Wohnmobile das Metier von Ahorn, dann wurde das Angebot um citytaugliche Campingbusse ergänzt. Höchste Zeit für einen echten Test, zumal nun noch mal mehr Dynamik in die Geschichte kommt.

Bei Ahorn hat man die Dinge immer schon ein wenig anders gehandhabt. Die Womos bauen auf Renault, statt langer Optionslisten gibt es einen Polsterstoff, ein Furnier und eine brauchbare Serienausstattung. Etwas weniger Individualisierbarkeit ist für die Zielgruppe jedoch nur auf den ersten Blick ein Nachteil – denn die Lieferzeiten verkürzen sich deutlich. Und weil die Marke aus Speyer Produktionskapazitäten in Frankreich und Italien zukauft, statt selbst zu fertigen, waren die Fahrzeuge immer schon zu fairen Preisen zu haben.

Vergleichsweise günstig sind sie noch immer. Inzwischen bietet Ahorn in fast jedem Segment ein passendes Fahrzeug – also auch eine Alternative zum Campingbus-Klassiker schlechthin, dem VW Bus. Und mit dem Irmscher-Paket macht der Renault Trafic ja auch ordentlich was her. Ahorn ist mächtig stolz auf die Kooperation mit dem renommierten Fahrzeugveredler. Wie immer geht es nicht nur um die Optik, sondern auch um den Preis. Heuer muss man schon etwas suchen, um einen vollwertigen Campingbus inklusive 18-Zoll-Alufelgen, Tieferlegungsfedern, Schwellerrohr-Satz und LED-Tagfahrlicht für rund 58.000 Euro zu finden.

Bildergalerie

Ahorn Camp Van City als Irmscher Sonderedition

Die Optik geht klar auf die Irmscher-Historie zurück. Thema ist Rennsport und der ist eine willkommene Alternative zum aktuell inflationär praktizierten Crossover-Look. Klar, die Tieferlegung um 25 Millimeter ist durchaus streitbar, denn die Zufahrt zum Stellplatz ist selten so perfekt asphaltiert wie ein moderner Grand-Prix-Kurs. Dafür bewegt sich der Trafic nun auch mit Aufstelldach unter der magischen Zwei-Meter-Marke für Tiefgaragen.

Upgrade-Turbolader oder sonstige, leistungssteigernde Tuningmaßnahmen, die Irmscher sicher noch aus dem Regal hätte zaubern können, braucht’s hingegen nicht: Der optionale 170-PS-Motor, mit dem auch der Testwagen ausgestattet ist, reicht allemal. Vielmehr ist es um die Traktion der Vorderräder ohnehin nicht so richtig gut bestellt, insbesondere auf feuchter Straße und das trotz Umbereifung auf deutlich breitere Dunlop Sport Maxx (Serie: 215/65R16, Irmscher-Paket: 245/45R18).

Analoge Instrumente und haptische Tasten sind vielleicht nicht State of the Art, aber keineswegs ganz verkehrt.

Deutlich weniger dynamisch, fast schon nüchtern geht es im Fahrerhaus zu. Zumindest wenn man es in der Konfiguration beim 1-DIN-Radio belässt. Auf der Haben-Seite steht dank haptischer (Lenkrad-)Tasten eine intuitive Bedienung. Smartphones lassen sich per Bluetooth und USB-Kabel verbinden, aber natürlich fehlt es etwas an grafischem Informationsgehalt, wenigstens für die Navigation.

Die Fahrerhaussitze mit immerhin einer Armlehne sind bequem gepolstert und lassen sich einfacher drehen als bei der Konkurrenz aus Stuttgart oder Hannover. Auch die Verschlüsse am Aufstelldach sind gut zu bedienen.

Der vergleichsweise große Tisch (102 mal 50 Zentimeter) ist rückseitig an der Lehne der Klappbank befestigt und muss etwas fummelig zwischen Decke und Rückenlehne hindurchgefädelt werden, um die Wohnstellung zu komplettieren. Dank Schienenboden lässt sich die Klappbank um rund einen Meter verschieben, wodurch sich entweder der Platz im Wohnraum oder der Stauraum im Heck vergrößert. Die massiv konstruierte Dreierbank mit optionalen Isofix-Halterungen aus- und wieder einzubauen, ist dagegen ein echter Kraftakt.

Auch um die gasfedergestützte Lehne in Schlafposition zu bringen, ist ein gewisser Körpereinsatz nötig. Zur Belohnung wartet eine 205 mal 125 Zentimeter große, straffe, aber wirklich bequeme Liegefläche. Vorher fragt man sich aber noch, wohin mit dem Tisch, denn aus der Rückseite der Lehne wird ein Teil der Liegefläche. Auf dem Campingplatz und bei gutem Wetter könnte er draußen stehen bleiben, denn zum Lieferumfang gehört ein zusätzliches Tischbein für den Außeneinsatz.

Ohne Unterfederung und mit einer nur drei Zentimeter starken Matratze ist das Bett im Aufstelldach eher einfach gehalten.

Beim Schlafkomfort kann das Bett im Aufstelldach nicht mithalten. Die Matratze kommt auf 175 mal 115 Zentimeter und nur drei Zentimeter in der Stärke. Einen Lattenrost oder Federteller gibt es nicht. Da muss man mindestens Rückenschläfer sein, denn in seitlicher Position wird die dünne Unterlage vollständig von Schulter und Hüfte komprimiert. Weil es im Oberstübchen schön luftig zugeht, sobald man die seitlichen Fenster öffnet, eignet sie sich am ehesten für ein Mittagsschläfchen.

Wer hier regelmäßig übernachten möchte, wird eine dickere Matratze, einen Topper oder eine Unterfederung nachrüsten – tatsächlich wäre dafür sogar der Platz, denn bis zur geschlossenen Dachschale bleiben noch circa drei Zentimeter Luft. Wer mit der dünnen Matratze leben kann, hat hingegen den Vorteil, dass leichtere Bettdecken oder Schlafsäcke im geschlossenen Dach verstaut werden können.

Neben den seitlichen Fenstern, die mit Fliegengitter ausgestattet sind, verfügt der Zeltbalg aus Kunstfaser stirnseitig über ein Fenster mit klarer Folie, das bei schlechtem Wetter Licht ins Fahrzeug bringt. Alternativ stehen zwei Schwanenhalslampen zur Verfügung, leider ohne USB-Steckdose. Die gibt es eine Etage tiefer in vierfacher Ausführung am seitlichen Möbel und außerdem zwei 12-Volt- und zwei 230-Volt-Steckdosen.

Das zentrale Bedienpanel gibt Auskunft über die wichtigsten Füll- und Betriebszustände, als Steuergerät der Webasto-Dieselstandheizung kommt die einfache Variante mit Drehregler zum Einsatz, ohne Zeitschaltuhr oder Temperaturanzeige. Stirnseitig angebracht ist sie außerdem etwas schlecht erreichbar, solange der Fahrersitz nicht gedreht ist. Beim Kompromiss zwischen Gerätegröße und Arbeitsfläche entscheidet sich der Hersteller für letzteres.

Die Spüle kommt auf immerhin 26 mal 28 mal 12 Zentimeter, doch auf dem Zweiflammkocher finden maximal ein kleiner Topf und ein Espressokocher gleichzeitig Platz. Der Kompressor-Kühlschrank von Webasto arbeitet angenehm leise und fasst ausreichende 42 Liter, wobei vier Liter für das fest verbaute Gefrierfach reserviert sind. Auch die Aufbaubatterie mit AGM-Technik und 95 Ah Kapazität sowie die 2,75-Kilo-Campingaz-Flasche bringt Ahorn im Küchenblock unter.

An Stauraum bleibt dann nur noch die 44 mal 24 mal 10 Zentimeter große Besteckschublade und die Schublade unter der Sitzbank, wobei diese für die Verdunkelungsmatten reserviert ist. Auch im deckenhohen Schrank hinter dem Küchenblock wird es eng. Schuld daran trägt hauptsächlich der 55 Liter große Frischwassertank mit Druckwasserpumpe, für den fast der gesamte untere Bereich reserviert wurde.

Der Küchenblock bietet verhältnismäßig viel Arbeitsfläche, doch an Stauraum bleibt lediglich die Besteckschublade.
Links bleibt Platz neben der sehr massiv konstruierten Sitzbank. Unser Geschirr bleibt also auch während des Campens in seiner Transportkiste.

Darüber ist der Kleiderschrank durch die Rollotüren zwar stets gut zugänglich und außerdem sinnvoll unterteilt, doch auch hier wurde Technik untergebracht: FI-Schutzschalter und Sicherungskasten verringern die Tiefe des hinteren Staufachs deutlich.

Nun könnte man argumentieren, dass sich die Außendusche nur mit entsprechenden Wasserreserven ordentlich nutzen lässt und zusätzliches Gepäck in Kisten im Heck des Van City transportiert werden kann – dafür muss die Sitzbank allerdings nach vorn geschoben werden, und dann lässt sie sich nicht mehr umklappen. Immerhin passen unser Einkaufskorb und eine Trenntoilette in die Durchlade zwischen Sitzbank und Möbel.

Mit der optionalen Lithium-Batterie für 1.390 Euro erreicht man also durchaus ein gewisses Maß an Autarkie. Man muss nur etwas reduzieren, was Klamotten und Vorräte angeht. Ahorn zeigte sich jedoch sehr aufgeschlossen, was unsere Kritik angeht – man prüfe bereits, wo eventuell schon zur kommenden Modellsaison nachgebessert werden kann.

Infobox

  • Basisfahrzeug: Renault Trafic L1H1, Vierzylinder-Turbodiesel AdBlue und SCR-Katalysator. Hubraum 1.997 cm³, Leistung 125 kW (170 PS) bei 3.500/min. Drehmoment 380 Nm bei 1.500/min. Sechsgang-Automatikgetriebe, Frontantrieb. Abgasnorm Euro 6d Final.
  • Maße und Massen: (L x B x H) 499 x 196 x 199 cm, Radstand: 310 cm. Masse im fahrbereiten Zustand: 2.501 kg, zulässige Gesamtmasse: 3.010 kg.
  • Aufbau & Ausbau: Stahlblechkarosserie mit GfK-Aufstelldach, werksmäßige Verglasung mit Schiebefenstern, Wandverkleidungen aus ABS-Kunststoff. Möbelbau in Pappelsperrholz.
  • Betten: klappbare 3er-Bank 205 x 125 cm, Aufstelldach 175 x 115 cm Füllmengen: Frisch-/ Abwasser: 55 l innenliegend/42 l außenliegend, beheizt. Gas: 2,75 kg, Diesel 80 l, AdBlue 20 l
  • Serienausstattung: (Auszug) LED-Tagfahrlicht, Licht & Regensensor, Schienenboden, Verdunkelungsmatten, LED-Wohnraumbeleuchtung.
  • Sonderausstattung*: (Auszug) 170-PS-Motorisierung 2.390 €, Automatikgetriebe 1.890 €, Irmscher Design-Paket inkl. Fahrerhausteppich, Trittrohrsatz, Alufelgen und Heckspoiler 4.900 €, Lackierung in Urban Grey 890 €, Renault Chassis-Paket 2.890 €, Klimaanlage 1.890 €, Rückfahrkamera 828 €, Nebelscheinwerfer 390 €, Standheizung 1.550 €, Isofix 390 €, Außendusche 588 €. *Alle Preise zum Testzeitpunkt
  • Testverbrauch: 7,9 l/100 km
  • Grundpreis: 53.300 €
  • Testwagen (zum Testzeitpunkt): 73.264 €

Mehr Infos hier.

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07/2024
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