> Viica Vans V60S im Test: Campervan mit Fahrkomfort

Schöner Fahren – Viica Vans V60S

28.07.2025
Bild & Text: Daniel Schlicke

Nach „schöner wohnen“ konzentriert sich Viica Vans auf den Fahrkomfort: Das neueste Modell der Tochter von Vermieter Hannes Camper baut auf Mercedes-Benz Sprinter. Lohnt der Aufpreis? Oder empfiehlt es sich doch eher, den Viica zu mieten?

Dann nämlich ist der Aufpreis längst nicht so deutlich: 130 Euro pro Tag kostet es, den 60er Viica Van auf Fiat Ducato zu mieten. Für den Testwagen wären 150 Euro fällig, also rund 15 Prozent mehr. Wer seinen Campervan lieber kaufen möchte, muss mit gut 40 Prozent Aufpreis rechnen: Ab 76.900 Euro ist der Viica auf Ducato-Basis erhältlich, für den Sprinter sind aktuell mindestens 107.500 Euro fällig.

Zugegeben: Der Vergleich hinkt, denn der Sprinter ist schon ab Werk deutlich besser ausgestattet. Vorerst gibt es ihn ausschließlich in einer limitierten First Edition, die unter anderem eine Metallic-Lackierung nach Wahl, das große MBUX-Multimediasystem mit 10,25-Zoll-Display, das Park-Paket mit 360-Grad-Kamera, LED-Scheinwerfer, die Klimaautomatik sowie Komfortsitze mit Sitzheizung und viele kostspielige Assistenzsysteme inkludiert. Auch große Lithium-Akkus und ein potenter Wechselrichter sind serienmäßig an Bord.

Für den Ausbau ist nach wie vor Robeta verantwortlich. Die Manufaktur aus Slowenien veranschlagt über 300 Arbeitsstunden für jedes der in Handarbeit gefertigten Fahrzeuge. Tatsächlich ergänzen sich die ausgezeichnete Verarbeitungsqualität von Robeta und die Praxis-Erfahrungen von Hannes Camper beziehungsweise Viica Vans sehr gut. Letztere können auf Kundengespräche aus vielen Tausend Miet-Buchungen zurückgreifen und geben deshalb hier und da eine Änderung am Design und am Möbelbau der Robeta-Grundrisse in Auftrag.

Zu zweit oder dritt ist die typische Halbdinette locker ausreichend, zu viert wird es eng. Das Fenster an der Sitzgruppe ist relativ klein. Truma iNet X-Panel und der Batteriecomputer von Simarine sind stirnseitig am Oberschrank gut zugänglich. Der Kühlschrank ist beidseitig zu öffnen.

Kleiner Exkurs "Gasfrei"

Ein gutes Beispiel hierfür ist das Induktionskochfeld, denn nicht wenige Camper wünschen sich aktuell einen gasfreien Ausbau. Mit seinen Lithium-Akkus und dem Wechselrichter erfüllt der V60S sogar die theoretischen Anforderungen an den autarken Betrieb – schon das ist nicht immer gewährleistet. Doch was bedeutet der Verzicht auf Gas in der Praxis? Viica setzt auf ein Gerät von Dometic. Beide Kochzonen messen 18 Zentimeter im Durchmesser, die Heizleistung beträgt 1.000 beziehungsweise 1.300 Watt. Die leicht zu reinigende Glasoberfläche und die gut funktionierenden Sensor-Bedienelemente wissen auf Anhieb zu gefallen – dass die Standard-Bialetti und unsere Alutöpfe nicht kompatibel sind, gefällt schon weniger.
In unserem Test benötigte die „große“ Platte sechs Minuten, um einen Liter Wasser zum Kochen zu bringen. Die Ruhespannung der angeschlossenen, vollgeladenen LiFePO4-Batterien sinkt dabei von 13,8 auf 13,4 Volt. Im Test floss also ein Strom von 97 Ampere für sechs Minuten (1.300 / 13,4 * 0,1). Der Gesamtverbrauch beläuft sich auf knapp 10 Amperestunden.

Fazit unseres kleinen Gasfrei-Exkurses: Wir könnten noch eine ganze Weile lang kochen, komfortabel und unabhängig vom Landstrom. Trotzdem gilt: gasfrei und das autark – diese Anforderungen machen einen ordentlichen Teil der Anschaffungskosten aus.

Sechs Minuten dauert es, bis ein Liter Wasser kocht – da kann Gas nicht mithalten.

Küche mit Komfort

Und ansonsten? Bietet die Küchenzeile eine relativ große Edelstahl-Spüle (30 mal 24 mal 15 Zentimeter) und eine tolle, flexible Armatur, unter der auch ganz große Töpfe befüllt werden können. Der stirnseitig verbaute Kühlschrank punktet mit doppelt angeschlagener Tür, kann also bequem von innen und außen erreicht werden. Darüber bringt Viica noch ein ausziehbares Brett als Ergänzung der Arbeitsfläche unter. Insgesamt 62 mal 45 Zentimeter stehen so zur Verfügung, auf 91 Zentimeter Höhe – das sind gute Werte.

Vier sinnvoll unterteilte Schubladen – inklusive zweier Mülleimer, aber ohne Besteckeinsatz – komplettieren den Küchenblock. Dank der zusätzlichen LED-Lichtleiste ist die Kombüse noch ein wenig besser ausgeleuchtet als der Rest des Vans. Die Spaltmaße sind top, bei den Auszügen kommt ausschließlich bewährte und robuste Markenware zum Einsatz.

Trotz stirnseitigem Kühlschrank gibt es noch eine Erweiterung der Arbeitsfläche.

Robuster Möbelbau, perfekter Schlafkomfort

So auch bei den Aufstellern der Dachstauschränke, die teilweise mit grifflosen Klappen, teilweise offen ausgeführt sind. Dann sichern Gummibänder und eine Rüttelkante das Gepäck, was schick aussieht, aber nicht immer ganz praktisch ist.

Insgesamt steht aber ausreichend Stauraum für die Klamotten von zwei Personen und noch etwas Kleinkram zur Verfügung. Auch Lesespots, Steckdosen und weitere offene Ablagen fehlen im Bereich der Betten nicht.

„Schöner fahren“ gilt nicht nur wegen des Sprinters, denn vom Möbelbau ist nichts zu hören.

Die mehrteilige, aber ausgesprochen bequeme, elf Zentimeter starke Matratze liegt auf einem Holzlattenrost. Im Vergleich zu den Mitbewerbern auf Sprinter fällt die Bettenbreite besonders großzügig aus, die Liegelänge eher gering. Zwar setzt auch Viica Vans auf Karosserieverbreiterungen, doch diese sind weit weniger ausladend – und folglich weniger störend beim Blick in den Außenspiegel.

Der Lattenrost lässt sich zwar ausbauen, aber nicht hochklappen und verzurren. Am Boden gibt es Zurrschienen.

Kein Gaskasten - trotzdem kein Platzgewinn

Die Heckgarage ist 130 Zentimeter tief, 74 Zentimeter breit und 70 Zentimeter hoch. Wer mehr Stauraum erwartet, weil der Gaskasten entfällt: Batterie-Reserven und Wechselrichter benötigen mindestens genauso viel Platz. Für größere Transportaufgaben könnte der Testwagen auch deckenhoch beladen werden, wenn das Bett ausgebaut wird – zur Seite klappen und arretieren kann man es nicht. Auch die Schottwand ist nicht perfekt, weil sie sich wegschieben, aber nur in offener Position arretieren lässt. Immerhin gibt es bodenebene Zurrschienen ab Werk, um die Ladung zu sichern.

Wo sonst der Gaskasten ist, gibt es unterm Lattenrost eine praktische Schublade für Wechselrichter und Batterien.

Knappes aber praktisches Bad

Die Stehhöhe misst 186 Zentimeter – auch in der Nasszelle. Diese kommt auf eine Grundfläche von 84 mal 71 Zentimetern, die vom Hersteller etwa fifty-fifty einer Banktoilette und der Duschtasse zugeschrieben werden. Damit der Kompromiss besser funktioniert, gibt es seitlich noch einen schwenkbaren Waschtisch. Tatsächlich ist die Bewegungsfreiheit ausreichend; auch weil auf einen Duschvorhang verzichtet werden darf. Die Stauräume sind aber eher knapp bemessen.

Ein Badfenster bietet der V60S auch nicht gegen Aufpreis, wobei die Feuchtigkeit zuverlässig über einen Dachlüfter entweichen kann und die Beleuchtung über einen Bewegungsmelder und sinnig platzierte LED-Spots gewährleistet ist. Auch die 2,5 Zentimeter starke Badtür ist erwähnenswert, an robusten Scharnieren geführt und mit solider Klinke – kein Vergleich zu den windigen Türblättern manch anderer Fabrikate.

Aufenthalts-Qualität

Auch im V60S ist es die Rückbank für zwei Personen, die den Mittelgang auf 42,5 Zentimeter verschmälert. Trotzdem ist sie nicht besonders breit (80 Zentimeter) und auch die Sitzhöhe (40 Zentimeter) passt eher für Kinder – aber es geht. Schließlich ist der V60S zumindest in der getesteten Version ein Campervan für zwei Personen und für einen gemütlichen Abend taugt die Sitzgruppe allemal. Der 80 mal 42 Zentimeter große Tisch kann ab Werk um 38 Zentimeter erweitert werden, so sind selbst große Teller und ausreichend Getränke oder eine dritte Person auf dem Beifahrersitz kein Problem. Später soll optional noch eine freistehende Variante verfügbar sein, deren zentrales Tischbein in einer Bodenschiene verschoben werden kann.

Fazit

Letztlich sind es aber das durchweg gelungene Design und die routinierte Verarbeitung, durch die der Viica während des verregneten Praxistests jede Menge Punkte sammelte. Zum Beispiel kaschieren die mit weichem Stoff bespannten Wände, dass dem Sprinter eigentlich doch ein paar Zentimeter Innenbreite fehlen. Ein kleines Detail, ja, aber eins, mit dem man sich von den Mitbewerbern abhebt.

On top erhält man zum Fahrzeugkauf ein lebenslanges Service-Versprechen mit Vor-Ort-Betreuung an den großen Mietstationen und einem 48-Stunden-Ersatzteil-Versand. Macht unterm Strich viel Campervan, allerdings auch zum gehobenen Preis.

Wie immer gilt deshalb: Probieren geht über studieren – gut, dass bei Viica Vans beides geht.

Technische Daten

Basisfahrzeug: Mercedes-Benz Sprinter 315 CDI. Vierzylinder-Turbodiesel mit AdBlue und SCR-Katalysator. Hubraum 1.950 cm³, Leistung 110 kW (150 PS) bei 3.800/min, max. Drehmoment 340 Nm bei 1.500/min. 9G-Tronic-Automatikgetriebe, Hinterradantrieb. Euro 6e
Maße und Massen: (L x B x H) 593 x 206 x 284 cm, Radstand 367 cm, Stehhöhe: 186 cm; Masse in fahrbereitem Zustand: 2.945 kg*; zulässige Gesamtmasse: 3.500 kg
Aufbau: Stahlblechkarosserie mit Werkshochdach (L2H2) und Gfk-Karosserieverbreiterungen. Geräusch- und wärmedämmende Armaflex-Isolierung (EPE) an Wand und Dach 25 mm plus Kunstleder-Kaschierung. Boden 25 mm PU, Belag in PVC. Isolierte Alu-Rahmenfenster mit Insektenschutz und Verdunkelung, Innenverkleidung mit Stoff-Kaschierung, Türen in Kunstleder.
Füllmengen: Frisch-/Abwasser 112 l innenliegend/90 l außenliegend, isoliert; Dometic Kompressor-Kühlschrank 70 l, Diesel 93 l, AdBlue 22 l
Betten: Doppel-Querbett 191 x 147 cm
Serienausstattung: (Auszug) Leichtbau-Möbel aus Recycling-PET, Komfortbett mit Unterfederung, Badausstattung mit schwenkbarem Waschtisch, Küchenausstattung mit Induktionskochfeld, LED-Beleuchtung inkl. Ambientelicht, Druckwasserpumpe, 200-Ah-Lithium-Aufbaubatterie, 2.900-Watt-Wechselrichter, Truma Combi 4 Dieselstandheizung
Sonderausstattung: First-Edition-Paket u. a. inkl. Automatikgetriebe, Metallic-Lackierung, LED-Scheinwerfer, MBUX-System mit 10,25-Zoll-Touchdisplay und Klimaautomatik 8.000 €, Markise 1.400 €, 16-Zoll-Leichtmetallfelgen 1.200 €, Anhängekupplung 950 €, Upgrade auf 400 Ah Lithium-Aufbaubatterie 2.200 €, Upgrade auf Truma Combi DE 800 €
Testverbrauch: 10,4 l
Grundpreis: 99.500 €
Testwagen: 114.050 €

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