> Unterwegs im Sunlight Cliff 4X4 Adventure Van

Ausprobiert: Kompromissloser Abenteuer-Van

12.12.2023

In Serie wird er nicht mehr gehen, und trotzdem war er wichtig: Der Sunlight Cliff 4x4 Adventure Van zeigte 2019, was entstehen kann, wenn gängige Grundriss-Schemata über Bord geworfen werden. CamperVans durfte den Concept-Camper exklusiv testen.

Du hebst die Hand und wartest auf das Signal von deinem Gegenüber, der in 400 Meter Entfernung per Seilzug den Motor anwirft. Zwei Sekunden noch, dann ist das Seil gespannt, das dich mit bis zu 65 Sachen übers Wasser zieht. Und los. Zurück auf Anfang. Seit über einem Jahr spukte die Idee nun irgendwo in unseren Hinterköpfen: Den Adventure Van von Sunlight testen, und zwar zweckgerecht.

Oft haben wir angefragt, doch Sunlight wollte den Prototypen, der 2019 zum 15-jährigen Firmenjubiläum entstanden ist, unbedingt schonen. Nur die Adventure Crew, deren Wünsche mit dem Concept-Camper realisiert wurden, sollten bei Shootings in den Genuss des Fahrzeugs kommen. Die Sunlight Adventure Crew ist eine bunte Truppe aus Sportlern und Kreativen, jeder ein Vorreiter auf seinem Gebiet. Seit 2014 sind die abenteuerlustigen Markenbotschafter als Tester unterwegs und beeinflussen die Entwicklung der Sunlight-Serienmodelle.

Bildergalerie

In die Großserie schaffen es dabei aber natürlich längst nicht alle der Ideen, die der Crew beim Surfen, Biken, Freeskien oder Fotografieren so in den Kopf kommen. Und so ist der Adventure Van entstanden, erst auf dem Papier, dann ganz real im Musterbau bei der Dethleffs. Sunlights Vision vom ultimativen Adventure-Mobil.

Ein 6,36-Meter-Ducato, vom Spezialisten Dangel umgebaut auf Allrad-Antrieb. Mit Kletterwand am Heck, Winch und Hängematte auf dem Dach, jeder Menge weiterer Features und einem Grundriss, der maximale Freiheit verspricht. In dem sitze ich nun mit Janik, Marketingassistent bei Sunlight. Kurz bevor der Adventure Van in die Dauerausstellung des Erwin Hymer Museums in Bad Waldsee geht, hat es also doch noch geklappt: Als erstes und letztes Magazin dürfen wir den Concept-Camper ausprobieren.

500 Meter Polypropylenfaser-Seil sind auf der Trommel aufgewickelt.
Foto: Janik Steiner

Infobox

  • Basisfahrzeug: Fiat Ducato 2,3 Multijet, 96 kW (130 PS), Sechsgang-Schaltgetriebe, Umbau auf Allrad-Antrieb mit Visco-Kupplung und Sperrdifferenzial an der Hinterachse.
  • Maße und Massen: (L x B x H) 636 x 205 x 285 cm, Radstand: 404 cm. Zulässige Gesamtmasse: 3.500 Kilogramm.
  • Aufbau: Stahlblechkarosserie mit Hochdach und zwei Schiebetüren. Isolierte Vorhängefenster.
  • Bett: Klappbett, quer 180 x 145, optionales Luftbett, längs 200 x 140.
  • Features: Kletterwand am Heck, Hängematte auf dem Dach, Winch, MTB-Kicker, Montageständer, Außendusche, mobile JBL-Boombox, Dachterrasse mit Gangway und Fernscheinwerfern, AT-Bereifung.
  • Raumlösungen: Mobile Dusche, Bett-Längscouch, keine Oberschrän- ke, Stangen zur modularen Laderaumunterteilung, Packtaschen, Haken und Netze zur Befestigung von Ausrüstung, mobile Kühlboxen.
  • Preis: Laut Sunlight unbezahlbar.

Bis auf das leise Surren der BF-Goodrich-Reifen merkt man gar nicht, dass man keinen ganz normalen Kastenwagen fährt. Er wankt nicht und fährt sich auch ansonsten ganz normal – wären da nicht die ständigen Blicke neugieriger Passanten. Schon rein optisch ist der L5-/H3-Ducato im Camouflage-Look mit roten Schriftzügen, Delta 4×4-Felgen und Dachträger mit fetten Fernscheinwerfern ein richtiges Brett.

Das viel besprochene offene Wohnraumkonzept im Kastenwagen, also der Wegfall des Fahrerhaus-Dachschranks, wirkt mit Längssitzbank und ohne Nasszelle gleich noch mal großzügiger.
Foto: Janik Steiner

Natürlich weiß man aber sehr wohl, dass man in keinem ganz normalen Kastenwagen sitzt – schließlich haben wir kurz zuvor einen 13-PS-Motor mit 500 Meter Seil auf dem Dach montiert, Wake- und Surfboards, sechs Stühle und einen riesigen Grill eingeladen, und das ohne dafür Platz schaffen zu müssen. Für sämtliche Ausrüstung gibt es im Heck des Kastenwagens Platz ohne Ende. Dafür wurden gängige Kastenwagen-Grundrisse konsequent über Bord geworfen. Nur die drehbaren Fahrerhaussitze – Modell Aguti GSI – blieben erhalten.

 

Zusammen mit der Längssitzbank und einem großen Tisch entsteht eine gemütliche Sitzgruppe, an der wir nun irgendwo im Grünen frühstücken. Hier könnte man locker auch zu fünft sitzen. Die Längssitzbank, erzählt Janik, ist aus dem Gestell eines Klappsofas entstanden. Mindestens drei verschiedene Versionen wurden gebaut. Prototypen-Arbeit eben – und vielleicht eine Idee für Selbstausbauer. Und auch der freistehende Tisch wurde im Laufe der Entwicklung mehrmals verändert. Im Fahrzeug steht nun die mittelgroße Version mit Schräge, die das Durchgehen nach hinten erleichtert.

Eine Verbrennungstoilette an Bord sorgt für mehr Autarkie

Neben der Sitzbank wurde die Toilette in einem Kasten versteckt. Im Adventure Van setzt Sunlight allerdings nicht auf die übliche Version mit Kassette, sondern auf eine Verbrennungstoilette von Cinderella. Sie verwandelt Ausscheidungsprodukte mithilfe einer Gasflamme in Asche, ist also umweltfreundlicher und bietet deutlich mehr Autarkie als der Chemie-Klassiker im Wohnmobil-Bereich.

Verbrennungstoilette Cinderella für maximale Autarkie, versteckt in der halbhohen Möbelzeile. Optische Privatsphäre würden die Duschvorhänge schaffen.
Foto: Janik Steiner

Was nach Raketenwissenschaft klingt, klappt laut Janik ganz easy. Eine Art Kaffeefilter-Papier sorgt dafür, dass keine Rückstände in der Toilette bleiben. Dann drückt man auf einen Knopf und dein Geschäft wird eine ganze Weile lang (circa eine Stunde) unter großer Hitze verbrannt. Zurück bleibt ein Häufchen Asche, das als Dünger genutzt oder bedenkenlos berall entsorgt werden kann. „Nur zu viel pinkeln sollte man nicht.“

Und am Kamin soll ich später meinen Neoprenanzug trocknen können. Laut Hersteller braucht so eine Verbrennungstoilette rund 110 Gramm Gas pro Brennvorgang. Auch bei zwei, drei Toilettengängen am Tag ist man also tatsächlich deutlich länger autark unterwegs als mit Chemieklo – die richtige Wahl für so einen Adventure Van.

Die Küche im Adventure Van
Foto: Janik Steiner

Gegenüber des Toilettenkastens köchelt unser Kaffee auf einem Zweiflammkocher. Daneben gibt es eine Spüle, darunter Platz für Geschirr. Statt fest verbautem Kühlschrank wird beim Adventure Van auf zwei Kompressor-Kühlboxen a 20 Liter gesetzt, die so auch mal mit an den Strand genommen werden können. Statt Oberschränken hält eine Magnetleiste Kaffeetassen, an einer weiteren Leiste sind Deckel befestigt, an die Einmachgläser mit Vorräten geschraubt werden – noch so eine Idee für Selbstausbauer.

Vielfältig nutzbar: die Stangen zur Laderaumunterteilung im Van

Das oberschranklose Konzept zieht sich durch den gesamten Adventure Van. Stattdessen gibt es Gummibänder und Karabiner, Haken und Netze, an denen alles Mögliche befestigt werden kann. Und unsere Boards liegen auf speziellen Stangen, die auch die großen Paketlieferdienste nutzen, um ihren Laderaum zu unterteilen. Die Stangen können in verschiedenen Positionen arretiert werden, um verschiedene Ladung oder auch ein zusätzliches (Luft-)Bett zu transportieren.

Die Stangen zur Laderaumunterteilung sind genial. Je nach Nutzung können sie umpositioniert oder ganz entfernt werden. Neben Sportgepäck tragen sie bei Bedarf auch ein zweites Bett, das tagsüber dann nicht im Weg ist, wenn die Stangen in oberster Position arretiert werden.
Foto: Janik Steiner
Zwei Schiebetüren sind im Bereich der Kastenwagen-Camper schon etwas ganz Besonderes und es fühlt sich definitiv mehr nach draußen sein an. Bei ausgezogener Schlafcouch ist die im Auszugfach untergebrachte Kühlbox auch von außen erreichbar.
Foto: Janik Steiner

Als eigentliches Bett ist aber die ausgeklappte Schlafcouch gedacht, die den Laderaum freihält und wunderbar zwischen den beiden Schiebetüren positioniert wurde. So fühlt sich das Schlafen sicher fast wie unter freiem Himmel an. Doch dafür bin ich nicht gekommen, zumindest noch nicht. Erst mal gehts Wakeboarden.

Mit einer Winch wird jeder Baggersee zum Abenteuerspielplatz – Genehmigung vorausgesetzt. Das Modell UrbanPro vom Hersteller KA Winches beschleunigt dich mit 13 PS auf bis zu 65 km/h.
Foto: Janik Steiner

Beim Wakeboarden zieht dich der Lift einer Anlage, traditionell auch ein Boot, auf einem Brett übers Wasser. Profis springen dabei über Hindernisse, sogenannte Obstacles, und zeigen wilde Tricks. Dafür braucht es natürlich die passende Location. Mit einer Winch, einer Art Seilwinde, die mit einem Verbrennungs- oder Elektromotor betrieben wird, klappt es aber auch an abgelegeneren Gewässern.

Foto: Janik Steiner

Maximaler Fahrspaß beim Offroaden im Kiesbett

Dorthin soll uns der Sunlight-Spezialbus dank Allrad nun zuverlässig bringen. Diff-Sperre rein, den matschigen Schräghang hoch und auf der anderen Seite wieder runter. Verlieren die Vorderräder an Traktion, greift die Visco-Kupplung und gibt einen Teil der Leistung an die Hinterräder weiter. Limitierender Faktor ist dabei höchstens der lange Radstand und der damit verbundene Rampenwinkel. Da hilft auch die mit dem Allrad-Umbau verbundene, dezente Höherlegung nichts. Trotzdem: Schon das Offroaden in der Kiesgrube macht einen Heidenspaß. Da könnte der See gern noch etwas weiter abgelegen sein.

Nachdem der allradangetriebene Adventure Van seine Offroad-Fähigkeiten im Kieswerk unter Beweis stellen konnte, bauen wir unser Basislager auf. Die Transportstangen für unsere Surfbretter wandern auf das Dach und halten nun die Hängematte.
Foto: Janik Steiner
 

Wakeboarden mit Winch auf dem Campervan-Dach

Im Basislager am Baggersee wartet allerdings bereits die halbe Sunlight-Mannschaft. Man merkt sofort, wie sehr das Team hinter dem Projekt Adventure Van steht und wie sehr sich jeder freut, das Fahrzeug noch einmal in Action erleben zu können. Zusammen mit der Winch war der Concept-Camper überhaupt erst zweimal im Einsatz. Wenige Minuten später brennt ein Feuer, auf dem Dach wurde die Hängematte montiert und ich schlüpfe in meinen Neoprenanzug. Wir wechseln uns ab, mit Surfen, Grillgut drehen, in der Hängematte abhängen und Winch bedienen.

Oben lässt es sich wunderbar abhängen, und der Ausblick vom gut 2,85 Meter hohen Dach ist natürlich auch nicht schlecht! Die vier LED-Fernscheinwerfer aus dem Lkw-Zubehör machen die Nacht zum Tag. Hersteller: NCC.
Foto: Janik Steiner

Letzteres bedarf Sportlichkeit und Fingerspitzengefühl: Auf die rund 2,85 Meter hohe Gangway auf dem Dach gelangt man über eine Kletterwand – Leiter kann ja jeder. Dort beschleunigt man per Gasgriff die Trommel der Seilwinde und damit den Surfer. Mindestens 5 PS sollte so eine Winch haben – das Modell, für welches sich Sunlight entschieden hat, ist mit 13 PS ein ganzes Stück stärker. Mich und meine 75 Anfänger-Kilogramm würde sie mühelos mit bis zu 65 Stundenkilometern übers Wasser ziehen. Zum Glück ist an ordentlichen Winches eine Fliehkraftkupplung verbaut, sodass die 13 PS nicht schlagartig an meinem Arm ziehen.

Anfang Oktober war in solchen Situationen ein Neoprenanzug ganz angenehm.
Foto: Janik Steiner
Aufs Dach gehts über die Kletterwand am Heck. Allein das ist schon ein kleines Abenteuer.
Foto: Janik Steiner

Ein Highlight im Concept-Camper: die einen Quadratmeter große Duschkabine

So vergeht der Nachmittag wortwörtlich wie im Flug. Nach unserer Winch-Session im wenig warmen Baggersee bietet der Adventure Van gleich zwei Möglichkeiten, sich warm abzuduschen. Am Heck gibt es eine Außendusche, im Wohnraum wurde eine richtig gute Raumbad-Lösung realisiert, die man erst auf den zweiten Blick bemerkt: Zum Duschen wird eine der strapazierfähig beschichteten Bodenplatten entnommen, darunter sitzt die Duschtasse.

Die Dusche ist unscheinbar, aber eines der Highlights im Van. Mit einem Quadratmeter Grundfläche ist sie sicher größer als üblich und dennoch nie im Weg.
Foto: Janik Steiner

Die Transportstangen, auf denen zuvor unsere Bretter lagen, halten nun zwei robuste Duschvorhänge, die mit wasserdichten Reißverschlüssen verbunden werden. Großzügige 100 mal 100 Zentimeter misst die Duschkabine nun, die den restlichen Wohnraum zuverlässig vor Wasser schützt und die abgebaut so gut wie keinen Platz beansprucht.

Und so hört der Adventure Van gar nicht auf, mit cleveren Features zu begeistern. Wären wir zum Mountainbiken in die Berge gefahren, hätten wir unsere teuren Räder sicher im Fahrzeuginneren verstauen und trotzdem die Betten nutzen können. Für Fahrräder gibt es außerdem einen Parktool-Montageständer, der platzsparend an der Hecktüre befestigt wurde. Hier kann das Bike gewartet und mit der Außendusche auch gleich geputzt werden. E-Bike-, Laptop- oder Kamera-Akkus lädt man dank Wechselrichter direkt am Bordnetz wieder auf. Für Mountainbikes ist auch die steckbare Sprungrampe gedacht, die in den Staufächern des Concept-Campers mitfährt.

Wir könnten uns allerdings auch ganz gut vorstellen, mit Winch, Rampe und Skiern ausgerüstet, auf einen winterlichen Trip in den Schnee zu fahren – die Adventure Crew hat es bereits vorgemacht. Das Team hatte laut Janik noch ungefähr tausend Ideen mehr auf dem Zettel, die während der etwa einjährigen Planungs- und Bauphase des Concept-Campers auf Machbarkeit geprüft wurden. Doch weil der Concept-Camper nicht nur Showfahrzeug sein, sondern tatsächlich gefahren werden sollte, galt auch für Sunlight die 3,5-Tonnen-Grenze. Ein großer Wurf ist dem Team damit trotzdem gelungen und wer weiß, vielleicht schaffen es ja doch noch ein paar der Features in die Serienmodelle.

Hier gibt es noch mehr Infos und spannende Videos über den Adventure Van und die Adventure Crew.

Die Geschichte erschien im Original in CamperVans-Ausgabe 06.2020.

AKTUELLE AUSGABE
02/2024
Abo
abschließen,
Prämie
sichern!
Akuelle image