> Der Kabe Van 690 LB im Test

Für jedes Wetter

18.01.2023
Bild & Text: Andreas Güldenfuß

Vor gut zwei Jahren hatte Kabe den Van 690 das erste Mal auf der Messe gezeigt. Als einen der ersten in Deutschland durften wir den aufwendig ausgebauten Campervan ausprobieren.

Ein Campervan auf Basis eines langen Kastenwagens ist an sich nicht ungewöhnlich. Die 6,36-Meter-Ducatos und Co. sind fast schon in der Überzahl, bei den 6,84-Meter-Crafter oder -TGE wird die Luft schon dünner und beim 6,97-Meter-Sprinter beginnt man sich langsam zu fragen, wie das mit den kompakten, wendigen Campervans nochmal war? Okay, immerhin die Fahrzeugbreite liegt mit 2,02 Metern mit angeklappten Spiegeln noch im Rahmen, aber über 4,32 Meter Radstand und gut 15 Meter Wendekreis sind schon ordentlich. Aber immerhin kann man bei diesen Maßen auch einiges an Platz erwarten – zumal dieses Gefährt für nur zwei Personen ausgelegt ist.

 

Mehr lang als breit: Bis zu 50 Millimeter Isolierung an den Wänden spürt man schon im Innenraum.

Bei einem „normalen“ Sprinter, bei dem man von Querbetten ausgeht, sind diese immer mit Verbreiterungen in den Fensterausschnitten verbunden. Der Kabe kommt ohne Verbreiterungen aus, denn er hat natürlich Längsbetten. Zweiteilig, damit man bequem an die Dachschränke sowie die Staufächer und Technik unter dem Bett kommt, ohne unter das Bett zu kriechen.

Trotz der beachtlichen Fahrzeuglänge sind die Bettenmaße recht überschaubar: 1,92 Meter auf der Beifahrerseite, 1,95 Meter auf der Fahrerseite. Abgeklappt, auf der einen Seite ganz spektakulär elektrisch, auf der anderen Seite manuell, aber auch per Knopfdruck zur Entriegelung, entsteht eine 1,60 Meter breite Liegefläche.

Am Fußende der gut 1,90 Meter langen Betten wird die Matratze recht schmal – bei unruhigem Schlaf liegen die Füße schon mal ganz luftig.

Kabe Van 690 LB: Uneingeschränkt wintertauglicher Campervan

Die schmale Breite macht bewusst, weshalb der Sprinter als Querschläfer nur die zweite Wahl ist – oder eben die grandiosen Ohren braucht. Aber 1,60 Meter sind selbst für den Sprinter wenig. Der Grund dafür: Der schwedische Hersteller ist dafür bekannt, Wohnwagen und Wohnmobile zu bauen, die uneingeschränkt wintertauglich sind und die auch vor Temperaturen jenseits der -15 °C nicht zurückschrecken.

 

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Nun weiß jeder, dass ein Kastenwagen mit seiner Blechkarosserie mit unzähligen Strecken, Sicken und Hohlräumen vor Kältebrücken nur so strotzt und falsche Isolierung zur ungewollten Bildung von Kondenswasser führt. Um das zu umgehen, hat die Entwicklungsabteilung zu einer außergewöhnlichen, aber auch wenig platzsparenden Methode gegriffen: Der komplette Ausbau steckt in einem fertigen, geschlossenen Modul, welches in den Sprinter gepflanzt wird. Eigene Wände, eigener Boden, eigenes Dach.

Zwischen Fahrzeugboden und der Kabine im Kabe Van sind die ersten zehn Millimeter Isoliermatten, der Boden der Kabine hat weitere 25 Millimeter und ist mit einer Warmwasser-Fußbodenheizung ausgestattet. Der Clou kommt aber weiter oben: Zwischen Blechkarosserie und Innenkabine wird mit Hochdruck mit Klebstoff beschichtete Isolierung in Form von kleinen Kügelchen geblasen. Das Isoliermaterial, das aussieht wie Styroporkügelchen, dringt in jede Ritze und in jeden Hohlraum vor und verdichtet sich dort.

Im Toilettenschacht sieht man eindrucksvoll, wie viel Isolierung zwischen Karosserie und Innenraum steckt.

Der komplette Innenausbau des Kabe Van 690 LB ist danach eingepackt wie die gute alte schwedische Sauna. Der Möbelbau ist natürlich auch entsprechend angepasst und perfekt auf Hinterlüftung und bestmögliche Zirkulation optimiert. Zwischen Schale und Kern befinden sich nach dieser Behandlung zwischen 35 und 50 Millimeter Dämmung – genug für den nordischen Winter.

Dank der üppigen Ausmaße der Basis bleibt doch noch beachtlicher Raum übrig – zumindest die Stehhöhe von 2,01 Meter und der Wohnbereich im Kabe Van 690 sind ordentlich. Die fehlende Breite macht sich spätestens bei den Durchgängen wie zwischen Küchenblock und Sitzbank oder Sitzbank und Badtür bemerkbar. Bei nur 35 Zentimetern muss sich auch manch schmal gebauter Mensch einfädeln.

 

Beim Bad wurde dagegen nicht gespart. Knapp 0,60 Meter tief, 0,98 Meter lang, mit einer Stehhöhe von 1,95 Meter. Allerdings muss man die Länge halbieren, denn das Bad besitzt eine Schwenkwand, die Dusche und Toilette mit Waschbecken trennt. So viel Platz also nicht, es ist relativ eng in der Dusche. Und es gibt noch eine Besonderheit: Da der Abwassertank natürlich auch frostsicher untergebracht ist, wird das Duschwasser von der tiefsten Stelle im Fahrzeug geräuschvoll in den Tank gepumpt – die Pumpe startet automatisch, die Überraschung ist garantiert.

Ein Schwenkbad ist eigentlich immer praktisch, aber schon überraschend, wie wenig Platz in so einem großen Fahrzeug am Ende übrig ist.

Der Kabe Van 690 LB strotzt nur so vor ungewöhnlichen Details und Lösungen. Dunstabzugshaube, Heizungsausströmer an den Türen, ein neuartiges Smart D-Bedienpanel, mit dem allein man einen Testbericht füllen könnte – dessen Anzeige aber für ganz viele Menschen der potenziellen Zielgruppe eines Fahrzeugs in der Preisklasse zu klein ist. Preislich ist der wintertaugliche Campervan  weit oben anzusiedeln: Der Grundpreis für einen Kabe Van 690 liegt bei 128.700 Euro.

Die Idee, eine Kabine in einen Van zu bauen, um bestmögliche Isolierung zu bekommen, ist nicht verkehrt, teilweise wurde aber vergessen, die Nutzerfreundlichkeit dabei zu beachten. Schon im Sommer mit trockenen Schuhen ist das Ein- und Aussteigen mit den Wärmetauschern am Einstieg auf Fahrer- und Beifahrerseite unangenehm. Mit rutschigen Schuhen im Winter möchte ich nicht nur mit Fußspitze oder Ferse auftreten, wenn ich mich ins Fahrzeug begebe.

Auch das Bedienpanel gehört woanders montiert. Vorne, halb in der Dachschräge, kann man es weder im Sitzen noch im Stehen ablesen. Ein spannendes Konzept, welches seine Vorzüge aber vermutlich erst unter extremen Verhältnissen ausspielen kann. Vielleicht kommt der ein oder andere Kritikpunkt ja beim Hersteller an. www.kabe.se

Infobox

Basisfahrzeug: Mercedes-Benz Sprinter, Vierzylinder-Turbodiesel,
Hubraum 2.143 cm³, Leistung 120 kW (163 PS) bei 3.800/min. Drehmoment
380 Nm bei 1.400/min. Siebengang-Automatik, Heckantrieb, Euro 6d
Maße und Massen: (L x B x H) 697 x 203 x 305 cm; Radstand: 433 cm,
Masse in fahrbereitem Zustand: 3.525 kg (Herstellerangabe),
zulässige Gesamtmasse:4.100 kg
Aufbau: Stahlblechkarosserie; Einzelradaufhängung mit Querblattfeder vorn,
Starrachse an Längsblattfedern hinten. Wasser-Fußbodenheizung im
Wohnraum, elektrisch im Fahrerhaus.
Stehhöhe im Wohnraum 201 cm, Nasszelle 196 cm
Betten: Heckbett 195/192 x 160 cm,
Notbett Sitzgruppe: 160 x 60 cm
Füllmengen: Frisch-/Abwasser 83/58 l innenliegend; Gas 2 x 11 kg;
Kühlschrank 84 l; Diesel 93 l; AdBlue 22 l
Serienausstattung: (Auszug) Küchenblock mit Spüle und Zweiflamm-
kocher, Kompressor-Kühlschrank, Schwenkbad
Sonderausstattung: (Auszug) Distronic 1.145 €,
Klimaanlage Wohnbereich 3.100 €, Solar 1.291 €,
Anhängekupplung 2.325 €, Lackierung 1.715 €,
Markise elektrisch 1.961 €, Defa-Alarmanlage 1.486 €
Testverbrauch: 14,4 l/100 km
Grundpreis: 128.700 €
Testwagen:141.723

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