> Werz Magnum 5.3 im Test

Bulli Off The Road

30.11.2022

Kaum ein Gefährt weckt mehr Abenteuerlust als ein alter Volkswagen T3 Syncro. Lange her und fast vergessen. Der Werz Magnum 5.3 auf Basis des VW T6.1 transportiert die Emotionen in die Neuzeit.

Eigentlich auch kein Wunder, schließlich ist der – inzwischen ehemalige – Chef Uwe Werz mit dem VW T3 Syncro groß geworden. Seit 1986 werkelt Werz an den Fahrzeugen und hat als freiheitsliebender Camper schon immer Fahrzeuge mit dem Plus an Schlechtwegetauglichkeit favorisiert. Kein Wunder also, dass sich Werz – egal an welcher Station seines Schaffens – einen Namen als Spezialist für geländetaugliche Fahrzeugausbauten gemacht hat.

Mit dem Werz unterwegs im Gelände
Foto: Hanselmann

Nach T3 kam bekanntlich T4, dann T5 und schließlich heute der T6.1. Dass aus den einstigen Transportern für den harten Baustelleneinsatz inzwischen moderne Großraumlimousinen wurden, ist für Werz kein Hindernis – nur etwas Mehraufwand. Wenn gewünscht, lässt sich mit dem entsprechenden Zubehör jeder T6 zu einem adäquaten Entdeckermobil umbauen. Der Profi weiß nach gut 35 Jahren ganz genau, was und wie viel für welche Ziele, Pläne und Pisten nötig ist. Diese unbezahlbare Expertise ist aber nur ein Grund, weshalb Uwe Werz noch keinen fast verdienten Ruhestand genießt, sondern noch voll hinter seiner ehemaligen Firma steht.

Wasser-Durchfahrt mit dem Werz
Foto: Hanselmann

Vor rund zwei Jahren, also sechs Jahre nach dem kompletten, zukunftsweisenden Neubau des Firmen- und Produktionsgebäudes in St. Johann auf der schwäbischen Alb, hat Uwe Werz seine Firma sorgfältig auf den Ruhestand vorausplanend verkauft. Der Verkauf kam vielleicht etwas schnell, aber Uwe wollte sich einfach genügend Zeit für eine Übernahme lassen und vor allem einen Käufer finden, der zum Standort und zu den langjährigen Mitarbeitern steht. Der Fang kann sich wirklich sehen lassen: Dr. Ernst Thielicke. Musterkarriere mit Elektrotechnik-Studium, Promotion, diverse Stationen als Entwicklungsleiter und Geschäftsführer, aber auch leidenschaftlicher Camper und ein noch größerer Bastler.

Vermutlich hat er sich den Job als Inhaber einer Camper-Manufaktur romantischer vorgestellt – aber es kamen zuerst Corona und dann die Lieferschwierigkeiten. Dennoch sieht man den Chef nach unromantischem 12-Stunden-Tag noch leidenschaftlich bis zu den Schultern kopfüber in Sitzkonsolen und Schränken stecken, in denen er mit Multimeter, Schraubendreher und Spiegelchen, um selbst den verstecktesten Pin auf dem Jumper zu finden, an irgendwelchen selbst kreierten Schaltungen werkelt.

Uwe, der eigentlich den 12- gegen einen 8-Stunden-Tag tauschen wollte, macht währenddessen Überstunden und hilft das Werz-(Lebens-)Werk am Laufen zu halten. Unterm Strich zwei, die sich gefunden haben und zum Wohle des Produkts optimal ergänzen.

Rund 0,8 Fahrzeuge pro Woche werden auf der Schwäbischen Alb fertiggestellt – plus diverse Teilausbauten und Umbauten.
Foto: Güldenfuß

Gut 40 Fahrzeuge pro Jahr war der Plan bei der Planung der neuen Halle 2016. Zehn feste Mitarbeiter aus der Region sollten einen sicheren Arbeitsplatz haben – alles schwäbisch durchdacht und kalkuliert.

Dass hinter allem eine Philosophie steckt, steht nirgends in der Historie von Uwe Werz. Als Camper und Draußenmensch muss man sich Nachhaltigkeit nicht andichten – jeder, der sich schon einmal an einen vermeintlich einsamen und unberührten Stellplatz in der Natur vorgekämpft hat und dort auf die Hinterlassenschaften seines Vorgängers gestoßen ist, bekommt ein Gefühl dafür. Hinterlasse nichts als deine Reifenspuren.

Bei der Hallenplanung stand auch fest: Holz statt Stahl, passt viel besser zum Produkt. Und für die Mitarbeiter auf der rauen Alb natürlich Fußbodenheizung und kein Gebläse. Geheizt wird zudem mit Pellets, das Dach ist komplett mit Solarpanels zugepflastert.

Der Nachfolger Ernst Thielicke denkt genauso – nur so wurden sich die Männer einig. Leider bleibt für Ernst weniger Zeit für die schönen Basteleien und Entwicklungen, er muss sich hinter dem Schreibtisch um das Tagesgeschäft kümmern. Uwe wird es aber auch nicht langweilig. Als Mann, der alles kann, hat er überall seine Finger im Spiel und kümmert sich um die besonderen Wünsche der Kunden – ein Traum.

Das Fahrverhalten mit dem ProAir-Fahrwerk ist tadellos. Der Magnum fühlt sich trotz Aufbau sicher und stabil an.
Foto: Hanselmann

Der Werz Magnum stammt in seiner Grundidee und seinem Grundriss noch aus der T5-Ära und wird seitdem stets optimiert. Standard beim Magnum ist das Hochdach, optional stellt sich die Frage, ob Bett oder Stauraum. Unser Testfahrzeug ist für zwei Personen ausgelegt. Zwei Schlafplätze, vier Sitzplätze mit Dreipunktgurt. Bei der Option mit Dachbett wären es vier Schlafplätze und mit Schienenboden sind bis zu sechs gurtgesicherte Sitzplätze möglich.

Bei uns wie gesagt nur ein bequemes Bett für zwei Personen, welches bei 5,30 Meter Fahrzeuglänge mit 1,98 mal 1,65 Meter riesig ausfällt. Auf die seitlichen Schränke wird verzichtet, genügend Stauraum gibt es sowohl unter dem Bett als auch im Dach.  Auf der Alb läuft der Magnum als Topmodell. Besonders mit dem Polyroof-Hochdach ist er superschick, das SCA-Dach eignet sich dafür besser als Schlafdach.

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Der Ausbau ist klassisch. Nach der Investition in die obligatorischen CNC-Maschinen ist die Fertigungstiefe noch gestiegen. Die Produktion ist zudem nachhaltiger, da es weniger Verschnitt gibt. Ein weiterer Vorteil, alle Fäden selbst in der Hand zu haben, ist die Qualität: Die Klappen und Schubladen aus den Möbelfronten werden beispielsweise mit einem Drei-Millimeter-Fräser auf der CNC-Fräse so sorgfältig herausgefräst, dass die Ausschnitte direkt als Fronten verwendet werden können. Sanft geschliffen und geölt, fertig ist die wertig aussehende Möbelkante.

Die Möbel werden auf der CNG-Fräse gefertigt.
Foto: Güldenfuß

Bei den verbauten Geräten geht man ebenso wenig Kompromisse ein. Werz-Kunden geben gerne etwas mehr aus, verlassen sich dann aber auch darauf, dass alles jederzeit, auch in Extremsituationen, funktioniert. Dass just der Werz Magnum 5.3 mit dem neuen Seikel ProAir-Fahrwerk ausgestattet ist, kommt nicht von ungefähr. Der Test-Magnum ist außerdem untenrum komplett eingepackt: Motor, Tank, Differenzial und Schweller – alles versteckt unter soliden Aluplatten.

Mit 4Motion, Differenzialsperre im Heck, Bergabfahrhilfe und DSG ist er schon werkseitig solide ausgestattet und hat mit dem ProAir-Luftfahrwerk eine Extraportion Bodenfreiheit, die im Allgemeinen auch der Schlüssel zur Offroadtauglichkeit ist. Natürlich hatten auch die Spezialisten von Terranger ihre Finger im Spiel, um den VW Bus so offroadtauglich wie möglich zu machen.

Das ProAir-Fahrwerk im Überblick: Im Vergleich zu Rollbälgen sind Doppelbälge deutlich resistenter gegen Steinchen und Matsch im Radlauf.
Foto: Kaufmann
Expeditions-Zubehör
Foto: Hanselmann

Eine erhöhte Luftansaugung für mehr Wattiefe, die Verlegung der Entlüftungen für Getriebe, Winkelgetriebe, Hinterachs-Differenzial und -Differenzialsperre gehören wie der Heckträger mit Reserverad-Halterung und die seitliche Halterung für Sandbleche und Zubehör natürlich auch zum Programm.

„Für ganz Wilde gibt es auch das passende Zubehör wie Bergeösen und Seilwinde. Die Kunden, die das gleich mitordern, wissen genau, wofür sie es benötigen könnten, und sagen dir auswendig die Koordinaten der Flussdurchfahrt, in der sie sich nicht festfahren wollen.

Das ProAir-Fahrwerk wird über ein komfortables Touch-Display bedient.
Foto: Hanselmann

„Island ist ganz oft ein Traum unserer Kunden“, weiß Uwe Werz nach rund 35 Jahren zu erzählen. „Früher war mehr Sand und Wüste, heute mehr der Norden oder Osteuropa.“ Wer auf der Suche nach einem kompakten 4×4-Camper ist, eher Komfort und Alltagstauglichkeit als maximal mögliche Offroad-Performance sucht, der landet zwangsläufig in dieser Fahrzeugkategorie. Die Riege der Allrad-Campingbusse wird seit jeher von Bullis aus dem VW-Konzern angeführt für keinen anderen Bus bietet der Zubehör- und Optimierungsmarkt mehr Auswahl. Mit „4Motion“ ist er schon werkseitig mit einem ernst zu nehmenden Allrad-Antrieb ausgestattet.

Terranger liefert jede Menge Material, das dem Magnum das richtige Aussehen und auch die passende Funktion verpasst. Natürlich fährt man so nur auf Expedition und nicht im Alltag rum.
Foto: Hanselmann

„Einem Werz wird in der Regel mehr abverlangt als einem ‚normalen‘ VW-Camper-Ausbau. Und selbst wenn nicht, er würde es vertragen.“ Somit ist jede Schublade, jede Klappe und jeder Möbelverbinder pistentauglich. Auch die Elektroinstallation, die Kabel und die Geräte sind von Herstellern, denen man in der Beziehung vertraut. Nach dem Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ war Werz selbst schon tausende Kilometer mit seinen Fahrzeugen unterwegs und hat alle möglichen Schwachstellen ausgemerzt.

So kommt es dann, dass der Kühlschrank nicht von den gängigen Herstellern, sondern von Kissmann aus München kommt. Auch die Dieselstandheizung kommt nicht vom größten Hersteller, sondern von dem, der robuste Technik zu einem guten Preis bietet – und mit der Pundmann-Therme gibt es in Kombination mit der Autotherme sogar noch warmes Wasser für die Außendusche.

Autarkie ist bei so einem Fahrzeug naturgemäß ein großes Thema. Natürlich mit Maß und Ziel, weshalb der Kunde je nach seinen Anforderungen zwischen 75 und 225 Ah wählen kann, und auch bei der Versorgung mit Solarstrom gibt es bis zu den maximalen 250 Wp von Solara noch einige Zwischenschritte. Der Werz soll auch im Gelände funktionieren und da spielt das Gewicht immer eine große Rolle. Und normalerweise ist man mit so einem Fahrzeug unterwegs und steht selten länger als drei Tage an einem Ort – somit lässt sich der Energiebedarf einfach decken.

Bei der Wasserversorgung geht man ebenfalls den einfachsten und praktischsten Weg: zwei 20-Liter-Kanister auf einem Auszug unter dem Bett. Überall einfach zu befüllen, nicht zu schwer zu transportieren, im Zweifelsfall einfach zu ersetzen.

Das Warmduscher-Set mit neun Litern Volumen wird bei laufender Dieselheizung von warmer Luft gespeist, außerhalb der Heizperioden sorgt ein 12-Volt- Heizstab für warmes Wasser.
Foto: Kaufmann

Was man ebenfalls nicht unterschätzen darf, wenn man länger mit so einem kompakten Fahrzeug unterwegs ist: den Schlafkomfort. In einer eigenen Näherei und Polsterei wird jedes Bett individuell an die Maße und Bedürfnisse angefertigt. Wie bei den Möbeldekoren hat der Kunde auch hier die Qual der Wahl zwischen verschiedenen Farben, Strukturen und Oberflächen. Überhaupt ist kaum ein Werz wie der andere: Wer lieber ein offenes Fach anstatt einer Schublade haben möchte, bekommt dies. Bis zu einem gewissen Grad sind Abweichungen von der Basis meist machbar – es bleibt trotz CNC-Maschine noch Handarbeit und ist kein Serienprodukt vom Fließband.

Im Gelände unterstreicht der Werz auch in gröberen Passagen seinen Anspruch an gehobene Manufaktur-Qualität. Kein Scheppern, kein Quietschen, kein Knarzen. 204 PS und 450 Nm kaschieren den fehlenden Hubraum des Zweiliter-Vierzylinders ganz gut. Das Siebengang-DSG nimmt dem Fahrer alle Arbeit ab und lässt ihm genügend Freiheit, sich auf andere Dinge wie die richtige Spur zu konzentrieren. Mit dem Direktschaltgetriebe wandert der T6 erstaunlich gelassen durch langsame Kupplungspassagen oder steil bergauf.

Auch im Offroad-Plus-Modus des Seikel-Fahrwerks und mit Unterboden-Vollschutz ist der T6 kein Unimog und der Böschungswinkel erfordert oft umsichtiges Fahren. Es gelingt aber nicht immer, sich mit DSG gefühlvoll über Schikanen zu tasten – die Kraftentfaltung kommt häufig etwas abrupt. Wer hier eine vorhersehbare Rückmeldung vom Antriebsstrang wünscht, setzt beim Bulli alternativ auf den Schalter mit kurzem Seikel-Getriebe. Dann muss man allerdings auf den Bergabfahrassistenten verzichten, der einen auf Knopfdruck stets sicher die steilsten und rutschigsten Abhänge hinunterbringt.

Geländegängig: der Werz Magnum
Foto: Hanselmann

Noch ein Plus für alle, die den Allradbonus nicht nur ausschließlich im Gelände, sondern auch im Winter nutzen: Der Werz Magnum ist aufwendig isoliert. Zwar gehen die Meinungen über die Isolierung mit Steinwolle weit auseinander, doch 35 Jahre Erfahrung sprechen für sich. Mit der richtigen Technik und Sorgfalt funktioniert die Dämmung besser als jeder Schaumstoff – und was im Winter vor Kälte schützt, hilft im Sommer auch gegen die Hitze.

Was auf jeden Fall auffällt, ist die Geräuschdämmung – da kann sich so mancher Multivan eine Scheibe davon abschneiden. Zu guter Letzt hat alles seinen Preis. Dass ein VW-Camper von der Stange mit großem beziehungsweise starkem Motor und guter Ausstattung sechsstellig kostet, ist zwar purer Wahnsinn, aber keine große Überraschung mehr.

Der Werz Magnum 5.3 im Test landet mit seinem All-in-Paket mit rund 129.000 Euro weit jenseits der 100.000-Euro-Markierung. Doch auch in diesem Preis schlummert Sparpotenzial – allein der Verzicht auf das Panoramafenster im Polyroof-Hochdach oder das Luftfahrwerk reduziert den Preis um stattliche 3.500 beziehungsweise 8.000 Euro.

Wer auf die 150-PS-Maschine mit Schaltgetriebe setzt, muss nicht einmal auf den kompletten Unterfahrschutz, Seikel-Höherlegung, Solar und Hecksperre verzichten, um knapp unter 90.000 Euro zu bleiben. In der Riege der Mitbewerber bleibt der Werz Magnum also absolut im Mittelfeld. Er ist vielleicht nicht so stylish wie einige Mitbewerber, sondern eher klassisch – dafür kauft man bei Werz langlebige, robuste 35 Jahre Erfahrung im Offroad-Reisen mit ein. Unbezahlbar. www.werz-wohnmobile.de

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