Zurück in der Praxis wie in der letzten Ausgabe versprochen, besser gesagt zurück in der Werkstatt. Dieses Mal aber nicht auf der heimischen Hebebühne. Es hat uns nach Hessen verschlagen, genauer gesagt nach Egelsbach nahe Frankfurt. Der ein oder andere Leser ist nun sicher schon hellhörig geworden, denn in Egelsbach befindet sich der Hauptsitz der Firma Reimo, dem größten und umfangreichsten Camping- und Zubehör-Anbieter im deutschsprachigen Raum. Die Firma Reimo vertreibt aber nicht nur Camping-Zubehör, sondern bietet auch Fahrzeugumbauten jeglicher Art an. Und genau darum wird es in dieser Folge der Schrauberserie gehen.
Schon seit Tag Eins an der Seite meines Bulli träume ich von einer Wohnraumerweiterung. Ein größeres Fahrzeug anzuschaffen, kam für mich dabei nie in Frage, denn was einen VW-Transporter ausmacht, ist die äußerst kompakte und dadurch alltagstaugliche Bauform des Fahrzeugs. Trotz der Wohnraumerweiterung soll das Fahrzeug auch weiterhin in jede gängige Tiefgarage passen. Doch wie? Das Zauberwort heißt Aufstelldach. Damit bietet sich beim Campen die Möglichkeit, das Dach des Fahrzeugs hochzuklappen, um somit Stehhöhe zu generieren. Des Weiteren kann der geschaffene Raum auch als zusätzliches Doppelbett verwendet werden, wenn ein Zwischenboden heruntergeklappt wird.
Im ersten Selbstausbau-Special ging es um den Einbau der Bodenplatte in den Camper. Doch auch in dieser Ausgabe möchte ich mir das selbst mit Hand anlegen nicht entgehen lassen. Zusammen mit Maciej aus der Fahrzeug-Ausbauwerkstatt von Reimo werde ich den lang ersehnten Umbau zur Zweiraum- Wohnung vornehmen. Also lassen wir die Späne fliegen!
Gebrauchtes Dach oder neues Aufstelldach kaufen?
Lange habe ich auf dem Gebrauchtmarkt nach einem verunfallten oder verrosteten VW California und sonstigen Alternativen als Spenderfahrzeug für solch ein Dach gesucht. Zwei lange Jahre war ich auf der Suche, mit der Erkenntnis, dass die angebotenen Dächer mit meist rund 25 Jahren auf dem Buckel in einem fragwürdigen Zustand sind und komplett aufgearbeitet werden müssten. Das Wechseln des Zeltbalgs oder nur der Dachdichtung reicht hier nicht mehr aus, ein neuer Einbaurahmen muss her, das ausgeblichene Dach muss neu lackiert werden und auch die Polstergarnituren der Liegefläche sind ebenfalls auszutauschen weil durchgelegen oder mit modrigem Geruch.
Oft übersteigt das schnell den Gesamtpreis eines neuen Aufstelldachs. Auch wenn man gerne selbst handwerklich tätig wird, bleibt das Unterfangen unwirtschaftlich. Schlussendlich überzeugten mich aber die Möglichkeiten, die Reimo bei der Individualisierung bietet. Dank eines integrierten Dachträgersystems finden im nächsten Urlaub auch die Surfbretter reichlich Platz auf dem Bus. Und weil mein recht spärlich ausgestatteter Syncro über keine Klimaanlage verfügt, kam mir die Möglichkeit auf ein zusätzliches Dachfenster gerade recht.
Doch auch in dieser Ausgabe möchte ich mir das selbst mit Hand anlegen nicht entgehen lassen. Zusammen mit Maciej aus der Fahrzeug-Ausbauwerkstatt von Reimo werde ich den lang ersehnten Umbau zur Zweiraum- Wohnung vornehmen. Also lassen wir die Späne fliegen!
Aufstelldach nachrüsten: Vorbereitungen
Zuerst muss alles, was beim Arbeiten am und im Fahrzeug behindert, aus dem Weg. Die Kunststoff- Verkleidungen des Blechkleids und der Himmel werden demontiert, der Innenausbau und die Schlafsitzbank entfernt. Das komplette Fahrzeug wird zusätzlich von innen als auch außen in eine Polster-Folie eingekleidet, um Beschädigungen am frisch aufpolierten Lackkleid zu verhindern. Jetzt wird der Dachausschnitt angezeichnet, und hier ist dann das erste Mal richtig Vorsicht geboten!
Aussägen des Dachausschnitts
Dann wird einiges an Überwindung verlangt, denn die erste Bohrung in das Bulli-Dach fällt immer am schwersten. Danach wird es allmählich leichter, so sagt man zumindest. Die Eckpunkte sollen zuerst angekörnt und mit dem Akkuschrauber abgebohrt werden. Ausgehend davon, kann man entlang des markierten Bereichs sägen, bis einem das bisherige Dach wortwörtlich entgegen kommt. Das sollte natürlich nicht passieren! Daher wird das ausgeschnittene Dach Stück für Stück mit Holzleisten unterlegt.
Infobox
Wichtig: Damit uns das Dach nicht in den Fahrgastraum fällt, muss es während des Ausschneidens Stück für Stück mit gepolsterten Holzlatten auf der Fahrzeugkarosserie abgestützt werden.
Karosserie mit Verstärkungsrahmen stabilisieren
Schneller als erwartet wird der T4 so zum Cabrio, was er aber natürlich nicht bleiben kann. Mindestens, weil die Karosserie durch den Dachausschnitt und das damit verbundene Durchtrennen der B- und C-Säulen massiv geschwächt wurde. Im Falle eines Unfalls mit Überschlag kommt diesen Säulen eine lebenserhaltende Aufgabe zu. Sie sollen eine Verformung der Fahrgastzelle verhindern und diese stabilisieren. Daher ist es unumgänglich, die Fahrzeugkarosserie durch einen Verstärkungsrahmen zu stabilisieren.
Zuvor werden aber noch die Schnittkanten entfettet und mit Haftgrund, auch Primer genannt, bestrichen. Somit wird eine fundamentale Basis zum Verkleben des Rahmens geschaffen. Zudem werden die blank geschliffenen Blechstellen langfristig vor Korrosion geschützt. Ist der passgenaue Verstärkungsrahmen in Position gebracht, wird er durch die Karosserie abgebohrt und anschließend mittels Nieten in seiner Position fixiert. Für die eigentliche Fixierung des Verstärkungsrahmens ist aber ein dauerelastischer Karosseriekleber verantwortlich.
Dann ist Warten angesagt, bis dieser Kleber seine volle Wirkung entfaltet. Hier reichen die folgenden zehn Stunden bis zum nächsten Morgen. Und somit rückt der Feierabend des ersten Tags immer näher.
Finale Montage des neuen Dachs
Gespannt auf die Hochzeit des neuen Aufstelldachs mit meinem Bulli, geht es am zweiten Tag weiter. Das neue Dach, fertig vorbereitet mit integriertem Dachträgersystem, Panoramafenster und in Wagenfarbe lackiert, ist bereit für den Einbau. Hängend an einem Deckenkran, wird das vormontierte Dach nun über den Bus geschwenkt, bis es nur noch wenige Zentimeter über dem Ausschnitt schwebt. Der Kran ist nicht zwingend erforderlich, erleichtert aber die Arbeit. Der Profi hat für diese Arbeit außerdem entsprechende Spezialhaken da.
Fixierung des neuen Dachs
Nach dem Vermitteln der Dachschale können die Befestigungsbohrungen angezeichnet werden. Erneut wird gebohrt und das Dach anschließend mit gewindefurchenden Schrauben kraftschlüssig mit dem T4 verbunden. Abschließend werden noch die Gasdruck-Stoßdämpfer, die das Dach ähnlich einer Heckklappe mühelos anheben sollen, in die Kugelgelenke eingeclipst. Jetzt ist es soweit, mein neues Aufstelldach sitzt, beziehungsweise steht zum ersten Mal in seiner endgültigen Position.
Da der vorab montierte Zeltbalg noch willkürlich von der Dachschale herabbaumelt, wird er nun gespannt und mit einer Kunststoff-Leiste an der Karosserie verschraubt. Erneut ist akribisches Vorgehen gefordert, denn der Zeltbalg muss durch die Gasdruckstoßdämpfer unter Spannung gehalten werden. Nur so stabilisiert er auch bei gröberen Einflüssen von Wind und Wetter die Dachkonstruktion.
Verschrauben des Zeltbalgs
Der Zeltbalg wird gespannt und mittels einer Kunststoffleiste mit der Karosserie verschraubt. Natürlich diskret im Innenraum, der Optik wegen.
Mittels Winkelschrauber lässt sich die Leiste, die den Zeltbalg hält, auch bei begrenztem Raum montieren. Fehlt nur noch das Bettgestell und eine passende, neue Deckenverkleidung.
Letzte Schritte: Schlafdachbett und Himmel-Verkleidung
Als ich dann wieder vor meinem T4 stehe, entsteht zum ersten Mal der Eindruck einer Zweiraum-Wohnung. Naja, auf jeden Fall in einem gewissen Maße. Denn bisher fehlt noch ein entscheidendes Bauteil, das Schlafdachbett. Das wird nun auf den eingebauten Verstärkungsrahmen aufgelegt und durch Verschraubungen an Scharnieren im hinteren Bereich fixiert. Durch die Unterstützung von weiteren Gasdruckstoßdämpfern kann die Schlafbetteinheit nun wie das Dach nach oben geschwenkt werden, um somit genügend Stehhöhe beim Umziehen oder Zubereiten von Mahlzeit an der Küchenzeile zu ermöglichen.
Zuletzt stehen noch einige kosmetische Eingriffe an: Ein Dachspoiler wird angebracht, der verhindern soll, dass an der neuen Dachkante Windgeräusche entstehen. Dichtnähte werden mit einer Kartuschenpistole aufgetragen und schließen die Fugen. Im Fahrgastraum wird der Himmel angepasst und mit einer neuen, wohnlicheren Optik versehen. Wie auch der Rest des Innenraums wird er mit Bus4fun-Carpet-Filz verkleidet. Wie sagt man so schön: Fertig ist die Laube. Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum ganz persönlich perfekt passenden Camper ist geschafft. Nächstes Mal geht es weiter mit dem Innenausbau – aber vielleicht sind wir erstmal noch im Urlaub und testen das neue Dach!